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Physik

DNA als Spinfilter für Elektronen

Doppelhelix filtert Elektronen abhängig von ihrem Eigendrehimpuls

Forscher haben eine ganz neue Seite unseres Erbmaterials DNA aufgedeckt: Das Doppelhelix-Molekül wirkt als effektiver Spin-Filter. Wie sie in „Science“ berichten, blockiert es Elektronen mit „Up“-Spin, lässt aber Elektronen mit „Down“-Spin passieren. Damit ist es erstmals möglich, Elekronen effektiver als bisher nach ihrem Eigenimpuls zu sortieren – bisherige Filtermethoden fischten gerade mal ein Viertel der erwünschten Spinrichtung heraus.

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Der Eigendrehimpuls von Elektronen, der so genannte Spin, gilt als vielversprechende Alternative zur herkömlichen Datenverarbeitung. Da auch der Spin nur zwei Orientierungen aufweisen kann, können sie als als „1“ oder „0“ im Sinne des Binärsystems aufgefasst werden. Eine auf dem Spin basierende Elektronik ließe sich stärker miniaturisieren und könnte höhere Taktraten erreichen. „Bislang hat die Sache jedoch einen Haken: Es fehlt eine geeignete Quelle spinpolarisierter Elektronen, die sich bei Zimmertemperatur in elektronische Bauteile integrieren lässt“, erklärt Helmut Zacharias, Professor am Center for Nanotechnology (CeNTech) in Münster.

Doppelhelix als Filter für Elektronenspins

Gemeinsam mit Kollegen des Weizmann-Instituts in Israel haben die Forscher jetzt eine unerwartet effektive Methode entdeckt, wie sich Elektronen nach ihrem Spin sortieren lassen. Das Experiment des Forscherteams beginnt mit Elektronen, die mithilfe von Laserstrahlung aus einer dünnen Goldschicht gelöst werden. Diese Elektronen zeigen zunächst keine Vorzugorientierung des Spins. Nachdem sie durch die etwa 20 Nanometer dicke selbstorganisierte Schicht aus doppelsträngiger DNA „geflogen“ sind, ist die Spinorientierung der meisten Elektronen ihrer Flugrichtung entgegen gerichtet, sie sind also spinpolarisiert.

„Die Elektronen zeigen nach dem Durchtritt durch die DNA- Schicht sogar dann mehrheitlich eine Spinorientierung antiparallel zur Flugrichtung, wenn sie zuvor überwiegend einen parallel zur Flugrichtung ausgerichteten Spin besaßen“, erklärt Zacharias. „Die DNA-Schicht wirkt also als sehr effektiver ‚Spinfilter‘.“ Rund 60 Prozent der Elektronen weisen hinterher die gleiche Spinausrichtung auf. Bisherige Filter erreichten maximal 25 Prozent Ausbeute.

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Erklärung für Händigkeit der Natur?

Die Beobachtung der Forscher könnte auch Auswirkungen auf Elektronentransferprozesse in der Natur haben. Die Erbsubstanz DNA liegt in der sogenannten Doppel-Helix-Struktur vor – das heißt, sie ist schraubenartig aufgebaut, ebenso wie weitere biologisch wichtige Moleküle. Man bezeichnet sie als chiral oder händig. „Möglicherweise lässt sich die Tatsache, dass nur rechtshändige DNA und Zucker sowie nur linkshändige Aminosäuren in der Natur vorkommen, auf den von uns beobachteten Effekt

zurückführen“, sagt Helmut Zacharias.

Ein früher oft herangezogener Grund für die Händigkeit der Natur ist die Hypothese, dass bei radioaktivem Beta-Zerfall Elektronen mit antiparallel zur Ausbreitungsrichtung polarisiertem Spin erzeugt werden. Gerade Elektronen mit dieser Spinorientierung werden bevorzugt durch die natürliche DNA hindurch gelassen. DNA mit anderem Drehsinn würde diese Elektronen absorbieren und könnte dabei auf Dauer zerstört werden. „Ob der von uns entdeckte Effekt aber tatsächlich die Händigkeit in der Natur beeinflusst, können wir mit dem jetzigen Kenntnisstand noch nicht sagen“, so der Forscher. (Science, 2011; DOI: 10.1126/science.1199339)

(Universität Münster, 21.02.2011 – NPO)

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