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Physik

Gadolinium als Helfer bei Neutrino-Rätsel

Isotop Gadolinium am besten für seltenen Zerfallsprozess zur Neutrinoforschung geeignet

Gadolinium könnte bei der Neutrinoforschung helfen © gemeinfrei

Ist das Neutrino sein eigenes Antiteilchen? Diese Frage kann nur beantwortet werden, wenn beide in einem sehr seltenen Zerfallsprozess „auf frischer Tat“ ertappt werden. Den geeignetsten Kandidaten für einen solchen Versuch haben Wissenschaftler jetzt mit Hilfe einer speziellen Ionenfalle ausfindig gemacht: Das Isotop Gadolinium-152 ist der optimalste Atomkern, um neue Erkenntnisse über die Neutrinos zu gewinnen.

Neutrinos sind Elementarteilchen, die auch als Geisterteilchen bezeichnet werden, da sie nur extrem schwach mit der uns bekannten „gewöhnlichen“ Materie in Wechselwirkung treten und diese nahezu ungehindert durchdringen.Dementsprechend sind noch viele Eigenschaften von Neutrinos unbekannt. So wird zum Beispiel vermutet, dass ein Neutrino sein eigenes Antiteilchen sein könnte (sogenannte Majorana-Teilchen), ein noch niemals beobachtetes Phänomen. Das würde bedeuten, dass ein Neutrino und ein Anti-Neutrino identisch wären. Da sich ein Teilchen und sein Anti-Teilchen gegenseitig vernichten, hieße das, dass sich zwei Neutrinos selbst vernichten würden.

Ein möglicher Nachweis, ob das Neutrino sein eigenes Antiteilchen ist, wäre die Beobachtung einer

bestimmten radioaktiven Zerfallsart, des so genannten neutrinolosen Doppel-Elektroneneinfangs. Bei diesem sehr seltenen Zerfallsprozess werden zwei Elektronen aus der Hülle von Protonen im Atomkern eingefangen und es entstehen unter anderem zwei Neutrinos. Wenn nun das Neutrino mit seinem Antiteilchen identisch wäre, so könnten sich diese gegenseitig auslöschen, sodass kein Neutrino ausgesendet würde, deshalb die Bezeichnung neutrinolos.

Optimaler Kandidat für Zerfallsprozess gesucht

Dieser neutrinolose Zerfallsprozess ist allerdings experimentell, wenn überhaupt, nur nachweisbar, wenn die Masse des Mutterkerns zwar größer ist als die des Tochterkerns, sich dabei aber so wenig wie möglich unterscheidet. Um auch noch geringste Massenunterschiede messen zu können, benutzten Wissenschaftler die Ionenfalle „Shiptrap“ des GSI-Helmholtzzentrums in Darmstadt. Mit Shiptrap können Massen so genau vermessen werden, dass man theoretisch nachweisen kann, ob in einem voll beladenen Jumbo-Jet ein Passagier eine 1 Euro Münze im Portemonnaie hat oder nicht. Mit diesen Verfahren untersuchten die Wissenschaftler nun systematisch die Massen von möglichen Atomkernen, um den besten Kandidaten für den neutrinolosen Doppel-Elektroneneinfang zu bestimmen.

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In der Ionenfalle SHIPTRAP beim GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung in Darmstadt werden Gadolinium-152-Ionen mit elektrischen und magnetischen Feldern in einer Penning-Falle eingefangen und auf eine Kreisbahn gezwungen. Michael Block, der Leiter der GSI Shiptrap-Gruppe, überprüft die Spannungen an den Elektroden der Ionenfalle. Ein supraleitender Magnet in der weißen Trommel erzeugt das nötige Magnetfeld. © GSI

Ionenfalle enthüllt Gadolinium-152 als geignetes Forschungsobjekt

Für die Massenbestimmung vermaßen die Forscher die kreisende Bewegung einfach geladener Ionen im Magnetfeld einer speziellen Ionenfalle und schlossen aus der daraus gewonnenen Massendifferenz auf die gesuchte Energiedifferenz Qee zwischen Mutter- und Tochternuklid. Sie fanden heraus, dass das Gadolinium-Isotop mit der Massenzahl 152 (Gadolinium-152), welches in das Isotop Samarium-152 zerfällt, der zurzeit vielversprechendste Kandidat ist. Es ist somit das geeignete Isotop, um in zukünftigen Neutrino- Experimentaufbauten wie zum Beispiel in Gran Sasso untersucht zu werden mit dem Ziel, bei dessen Zerfall erstmalig die Vernichtung zweier Neutrinos nachzuweisen.

Über die Messung der Halbwertszeit von Gadolinium-152, die im Bereich von 10 hoch 26 Jahren liegt, ließen sich auch Grenzen für die Masse der Neutrinos bestimmen. Erst seit kurzem ist bekannt, dass Neutrinos überhaupt eine Masse haben, die allerdings sehr klein ist und noch nie direkt gemessen werden konnte. An den Experimenten bei GSI waren unter Federführung des Max-Planck- Instituts in Heidelberg 17 Wissenschaftler aus 11 Instituten beteiligt. (Physical Review Letters, 2011; doi:10.1103/PhysRevLett.106.052504)

(Pressemitteilung GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung, 09.02.2011 – NPO)

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