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Geowissen

Mars-Dünen „lebendiger“ als gedacht

Jahreszeitliche Umgestaltungen durch Kohlendioxid-Eis und polare Winde

Marsdüne, aufgenommen zu unterschiedlichen Zeiten: Erst im Frühjahr, dann im SOmmer und dann im darauffolgenden Frühjahr © NASA/ JPL/ University of Arizona

Die riesigen Sanddünen auf dem Mars sind nicht wie bisher angenommen zu Eis erstarrt, sondern werden jedes Jahr umgeformt. Das belegt eine jetzt in „Science“ veröffentlichte Studie auf Basis hochauflösender Aufnahmen. Verantwortlich für die Dünen-Veränderungen sind zum einen Rutschungen von Sand und Eis an den Steilhängen der Dünen, aber auch ein Prozess, den es auf der Erde nicht gibt: Erosion durch eine gefrorene Kohlendioxid-Schicht auf den Dünen, die zeitweise gasförmig wird.

Die Sanddünen in der nördlichen Polarregion des Mars bedecken mit 845.000 Quadratkilometern eine Fläche, die mehr als 20 Mal größer ist als die Schweiz. Bislang nahmen Planetenforscher an, dass diese ausgedehnten, erstarrten Dünen in der Vergangenheit des Mars geformt wurden. Zu dieser wärmeren, feuchteren Epoche soll es auf dem Roten Planeten stärkere Winde gegeben haben soll als heute. Seitdem hätten sie sich kaum verändert. Neue Bilder der Kamera des „High Resolution Imaging Science Experiment“ (HiRISE) an Bord der NASA-Raumsonde „Mars Reconnaissance Orbiter“ erzählen jedoch eine andere Geschichte:

Hunderte Kubikmeter Sand in einem Marsjahr verlagert

„Dünen in der nördlichen Polarregion des Mars zeigen innerhalb nur eines Marsjahres erhebliche Veränderungen“, erklärt Nicolas Thomas von Universität Bern und Mitglied des HiRISE-Teams. Das internationale Team verglich HiRISE-Bilder, die während mehr als zwei Marsjahren – was etwa vier Erdjahren entspricht – aufgenommen wurden. Dabei stellte sich heraus, dass die Dünen in höheren Breiten durchaus Veränderungen unterliegen und somit keineswegs stark verkrustet oder zu Eis erstarrt sind. Das Ausmaß der Erosion innerhalb nur eines Jahres ist erstaunlich: An einigen Stellen sind Hunderte von Kubikmetern Sand als Lawinen am Dünenhang abgegangen.

Verdampfendes „Trockeneis“ löst Lawinen aus

Verantwortlich für die jährlich wiederkehrenden Erosionsprozesse an den Dünen ist eine Schicht aus gefrorenem Kohlendioxid. Dieses „Trockeneis“ überzieht die Oberfläche der Polarregion im Winter und wird im Frühjahr direkt gasförmig, ohne Umweg über den flüssigen Zustand. „Dieser Gasstrom destabilisiert den Sand auf den Marsdünen, löst Sandlawinen aus und produziert neue Rinnen, Überhänge oder Senken auf den Dünen“, erklärt Candice Hansen, Leiterin der Studie von der Universität von Arizona in Tucson.

Diese HiRISE-Aufnahme belegt die Bewegung eines Dünenfeldes in der nördlichen Polarregion des Mars. Die schwarzen Bereiche weisen auf heftige Gasemissionen hin. © NASA/ JPL/ University of Arizona

„Die Rolle des Kohlendioxideises wird immer deutlicher“, ergänzt ihr Kollege Serina Diniega vom Jet Propulsion Laboratory der NASA in Pasadena. „Im Süden sahen wir bereits vorher-nachher-Veränderungen und haben dieses mit der Bewegung des CO2-Eises in Verbindung gebracht. Jetzt sehen wir im Norden mehr von diesen Prozessen des saisonalen Wandels und finden weitere Belege für einen Zusammenhang zwischen der Rinnenbildung und dem Kohlendioxid.“ Denn die Ursache der neu entstehenden Rinnen war umstritten, auch ein an die Oberfläche-Treten von flüssigem Wasser galt durchaus als möglicher Auslöser.

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Rätsel des „zu starken“ Windes

Besonders überraschend war die Entdeckung, dass Spuren vergangener Sandlawinen innerhalb nur eines Marsjahres durch wellenförmige Bewegungen teilweise ausgelöscht werden können. Denn die von Modellen der Marsatmosphäre vorhergesagten Windgeschwindigkeiten reichen eigentlich nicht aus, um Sandpartikel anzuheben und damit solche Veränderungen auszulösen.

Außerdem zeigen Daten von Mars-Landeeinheiten, dass starke Winde in niedrigeren Breiten seltene Ereignisse sind. Die Forscher vermuten deshalb, dass es das polare Wetter ist, das häufiger zu hohen Windgeschwindigkeiten führt. Sie erhoffen sich von künftigen Abbildungen der HiRISE-Kamera, die seit 2006 den Mars umkreist, weitere Erkenntnisse zur Rolle des Windes im gegenwärtigen Mars-Klima.

„Zu verstehen, wie sich der Mars heute verändert ist ein Schlüssel dafür, grundlegende planetare Prozesse zu verstehen und auch, wie sich der Rote Planet im Laufe der Zeit gewandelt hat“, erklärt Alfred McEwen, Forschungsleiter am HiRISE-Projekt und Planetenforscher der Universität von Arizona. „Es gibt eine Menge von aktueller Aktivität in Gebieten, die saisonal von Kohlendioxidfrost bedeckt sind, ein Prozess, den es auf der Erde nicht gibt. Es ist wichtig, die Effekte dieses ungewöhnlichen Prozesses zu verstehen, damit wir Phänomene der Vergangenheit nicht falsch interpretieren.“

(University of Arizona / Universität Bern,, 04.02.2011 – NPO)

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