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Astronomie

Ungewöhnliches Exoplaneten-Sextett entdeckt

Neu entdecktes Kepler-11 System beeindruckt mit den kleinsten, zahlreichsten und am engsten kreisenden Planeten

Kepler-11 und seine sechs Planeten waren der "Nature" ein Titelbild wert. © Nature

Um einen sonnenähnlichen Stern haben Astronomen ein Exoplaneten-System entdeckt, dass vor Besonderheiten nur so strotzt: Kein anderer bekannter Stern hat so viele, so kleine und so eng um ihn kreisende Planeten wie Kepler-11 und seine sechs Begleiter. Die neu entdeckten Planeten sind kleiner als Neptun und besitzen überraschenderweise trotzdem eine dichte Wasserstoff-Helium-Atmosphäre. Wie Astronomen jetzt in „Nature“ berichten, gelang der Fund mit Hilfe des Kepler-Weltraumteleskops und der Transitmethode.

Von den gut 500 bekannten Exoplaneten sind inzwischen mehr als 100 mit der Transitmethode entdeckt worden. Die meisten von ihnen sind Gasriesen ähnlich dem Jupiter und einziger Planet ihres Systems. Auch das Kepler-Weltraumteleskop der NASA, explizit als „Planetenjäger“ konzipiert, nutzt diese Methode, bei der die winzigen Helligkeitsschwankungen, die ein vor seinem Stern vorüberziehender Planet auslöst, eingefangen und ausgewertet werden. Aus Zeitverlauf und Intensität der Schwankungen lassen sich Schlüsse über den Orbit und die Masse der betreffenden Planeten ziehen.

Planetensystem der Superlative

Jetzt hat ein internationales Forscherteam unter Leitung von Astronomen der Universität von Kalifornien in Santa Cruz mit Hilfe des Kepler-Teleskops ein neues Planetensystem entdeckt, das gleich in mehrerer Hinsicht eine Besonderheit ist: Kein anderes bekanntes System um einen fremden Stern hat so viele, so kleine und so eng um ihren Stern kreisende Planeten. Die Transitmethode enthüllte die Präsenz von gleich sechs Planeten im Orbit um den neu entdeckten Stern Kepler-11. Sie erhielten der Konvention folgend die Namenszusätze b – g.

Die Größen der Kepler-11-Planeten im Vergleich zu anderen Exoplaneten und dem Jupiter © NASA/ Tim Pyle

„Von den sechs Planeten sind die massereichsten dem Neptun oder Uranus potenziell ähnlich. Aber die kleinsten von ihnen sind anders als alles, was wir aus unserem Sonnensystem kennen“, erklärt Jonathan Fortney. Der Astronom leitete die Forschungen zur Struktur und Zusammensetzung der neuen Planeten. Die fünf inneren Planeten des Kepler-11 Systems haben Größen von nur der 2,3- bis zur 13,5-fachen Erdmasse. Damit erhöhen sie auf einen Schlag die Anzahl der bisher bekannten Exoplaneten kleiner als Neptun von drei auf acht.

Sehr nah und alle in einer Ebene

Alle Planeten umkreisen ihren Zentralstern Kepler-11 extrem nah: Sie brauchen für eine Umkreisung weniger als 50 Tage und bewegen sich in einem Abstand, der kleiner ist als die Umlaufbahn des Merkur um die Sonne. Nur der sechste Planet liegt mit einer Umlaufzeit von 118 Tagen etwas weiter außen, seine Masse ist noch nicht bekannt.

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Wie im Sonnensystem liegen die Orbits der Planeten alle mehr oder weniger in der gleichen Ebene. Dies stützt die Theorie, nach der Planeten sich Planeten aus abgeflachten Scheiben von Staub und Gas bilden, die um den Zentralstern kreisen. „Die koplanaren Orbits in unserem Sonnensystem inspirierte ursprünglich diese Theorie und jetzt haben wir ein weiteres gutes Beispiel dafür“, erklärt Daniel Fabrycky von der Universität von Kalifornien in Santa Cruz, zuständig für die Orbitalanalysen. „Aber dies und der sonnenähnliche Stern sind schon die einzigen Teile von Kepler-11, die dem Sonnensystem ähnlich sind.“

Wasserplaneten mit dicken Atmosphären

Alle sechs Planeten haben eine geringere Dichte als die Erde, was Rückschlüsse auf ihre Zusammensetzung erlaubt. „Es sieht so aus, als wenn die inneren beiden vorwiegend aus Wasser bestehen, wahrscheinlich mit einer Hülle aus Wasserstoff-Helium-Gas darüber – wie Mini-Neptuns“, erklärt Fortney. „Die beiden weiter außen liegenden Planeten haben geringere Dichten als Wasser, was auf umfangreiche Wasserstoff-Helium-Atmosphären hindeutet.“

Das allerdings ist überraschend, denn ein kleiner heißer Planet müsste nach gängiger Lehrmeinung eigentlich Schwierigkeiten haben, eine dicke Atmosphäre zu halten. „diese Planeten sind wegen ihrer engen Umlaufbahnen ziemlich heiß und je heißer es ist, desto mehr Schwerkraft braucht man, um eine Atmosphäre zu halten“, so der Astronom. „Meine Studenten und ich arbeiten noch daran aber wir denken, dass diese Planeten vermutlich alle mit einer Wasserstoff-Helium-Atmosphäre begannen. Heute sehen wir die Relikte davon nur noch bei den äußeren beiden. Die inneren haben wahrscheinlich das meiste davon inzwischen verloren.“

Hinweise auf extrem schnelle Entstehung

Nach Ansicht der Forscher könnte die Präsenz kleiner Planeten mit solchen Atmosphären auf eine sehr schnelle Bildung des Systems hinweisen. Studien deuten darauf hin, dass stellare Scheiben ihr Wasserstoff und Heliumgas innerhalb der ersten fünf Millionen Jahre verlieren. Die Planeten von Kepler-11 müssen also innerhalb dieser Zeitspanne entstanden sein. Zudem bildeten sie sich wahrscheinlich nicht in ihren jetzigen Bahnen, sondern weiter außen. „Zumindest einige von ihnen müssen sich weiter außen gebildet haben und dann nach innen gewandert sein“, so Fortney. „Wenn ein Planet in eine Gasscheibe eingebettet ist, führt die Reibung ihn im Laufe der Zeit spiralig nach innen. Bildung und Migration müssen daher beide sehr früh stattgefunden haben.“ (Nature, 2011; doi:10.1038/nature09760)

(University of California – Santa Cruz, 03.02.2011 – NPO)

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