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Geowissen

Arktis: Vom Treibhaus zum Kühlhaus

Spektakuläres Klimaforschungsprojekt vor dem Start

Forschungseisbrecher Oden © Forschungszentrum Ozeanränder

Demnächst wird ein neues Kapitel in der Geschichte der Arktisforschung aufgeschlagen. Am 7. August machen sich drei leistungsstarke Eisbrecher im Rahmen der internationalen Arctic Coring Expedition (ACEX) auf den Weg Richtung Nordpol. Dort sollen durch technisch anspruchsvolle Bohrungen erstmals größere Mengen arktischer Tiefseeablagerungen zu Tage gefördert werden.

Die Sedimente könnten spannende Details eines globalen Klimaumschwungs enthüllen: von der globalen Treibhauswelt vor 50 Millionen Jahren über das Auf und Ab der Eiszeiten hin zur Jetztzeit, die vom menschlich verursachten Treibhauseffekt geprägt ist.

Vom Treibhaus zum Kühlhaus

Versteinerte Überreste von Krokodilen in der kanadischen Arktis und andere geologische Indizien belegen, dass die Arktis vor 45 bis 55 Millionen Jahren relativ warm und eisfrei gewesen sein muss. Heute ist das Nordpolarmeer der einzige, ständig eisbedeckte Ozean. Auf einer gut sechswöchigen Expedition wollen die ACEX-Wissenschaftler ergründen, wie und warum sich dieser Wandel vom Treibhaus zum Kühlhaus vollzog. Geplant ist, 250 Kilometer vom Nordpol entfernt bis zu 500 Meter mächtige Ablagerungen auf dem Lomonossow-Rücken zu erbohren. Die Sedimentpakete haben sich im Lauf der letzten 50 Millionen Jahre abgelagert und enthalten wichtige Kapitel der arktischen Klima- und Umweltgeschichte.

Wechselspiel noch weitgehend unerforscht

Bislang ist die Arktis buchstäblich ein weißer Fleck im globalen Klimageschehen. Weil das Packeis den Zugang mit Schiffen erschwert, konnte das in den arktischen Meeresablagerungen archivierte Wechselspiel zwischen Ozean und Atmosphäre bislang nur ansatzweise erforscht werden. Fest steht indes, dass der hohe Norden eine wesentliche Rolle im globalen Klimasystem spielt. Meereis und grönländisches Inlandeis reflektieren einen Teil der Sonnenenergie ins All und beeinflussen so die globale Temperaturverteilung.

Zudem ist der Arktische Ozean eine treibende Kraft im Zusammenspiel jener weltumspannenden Meeresströmungen, die große Wärmemengen zwischen Äquator und den Polen transportieren. Aktuelle Beobachtungen zeigen, dass sich die Arktis derzeit erwärmt. Seit 1970 schmolz das Meereis von durchschnittlich 3,1 auf 1,8 Meter Dicke ab, und die Packeisfläche schrumpfte um fünf Prozent; das entspricht der gemeinsamen Fläche von Frankreich und Deutschland.

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Erstes IODP-Projekt

Die sechswöchige Arctic Coring Expedition (ACEX = Arktische Bohr-Expedition) ist eines der ersten Projekte des am 1. Oktober 2003 gestarteten Integrierten Ozeanbohrprogramms (Integrated Ocean Drilling Program = IODP). 16 Länder finanzieren das ehrgeizige Projekt; die Mittel werden über die US-amerikanische Science Foundation, das japanische Wissenschaftsministerium sowie durch das Europäische Konsortium für Wissenschaftliche Ozeanbohrungen (European Consortium for Ocean Research Drilling = ECORD) bereitgestellt. Deutschland engagiert sich in den kommenden 12 Monaten mit rund drei Millionen Euro.

Von deutscher Seite sind zwei Einrichtungen beteiligt: Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe Hannover fungiert als deutsche IODP-Kontaktstelle. An der Universität Bremen wird das einzige Lager für Bohrkerne außerhalb der USA unterhalten. Gemeinsam mit Partnern in England und Schweden ist das DFG-Forschungszentrum Ozeanränder an der Bremer Universität an der Organisation der Expedition sowie an der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit beteiligt.

(Forschungszentrum Ozeanränder, 30.07.2004 – NPO)

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