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Medizin

Epilepsie: Kopplung der Gehirnaktivität gering

Epilepsie-Langzeitstudie mit überraschenden Ergebnissen

Die Kommunikation der Gehirnzellen bei Epilepsiepatienten verändert sich deutlich weniger als gedacht. Eine in der Zeitschrift „Chaos“ erschienene Studie hat erstmals die Gehirnaktivität auch zwischen den Anfällen untersucht und festgestellt, dass die Schwankungen der Synchronizität sogar geringer als die des Tag- Nach-Rhythmus sind.

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In der Epilepsieforschung ist immer noch wenig bekannt darüber, wie und warum es zu epileptischen Anfällen kommt. Jetzt haben Forscher in der Universitätsklinik für Epileptologie der Universität Bonn untersucht, wie Hirnregionen bei Epilepsiepatienten miteinander kommunizieren und wie sich diese Kommunikation bei einem Anfall verändert. Dazu maßen sie die Hirnaktivität mit Elektroden im Schädel.

Das Besondere an der Studie: Die Wissenschaftler haben nicht nur, wie bislang üblich, wenige Minuten während des Anfalls gemessen, sondern über mindestens zwei Tage, im längsten Fall sogar über zehn Tage. Diese lange Dauer der Untersuchung ist bislang einzigartig. Zumal die Patienten sich während der Untersuchung verhielten wie in ihrem normalen Alltag auch: Sie schauten fern, lasen oder telefonierten. Insgesamt wurden 13 Patienten untersucht.

Über ihre Messungen konnten die Forscher rekonstruieren, wie die Regionen im Gehirn miteinander kommunizieren. Dabei achteten sie unter anderem darauf, wie sich Aktivitätsänderungen in einer Region auf die Aktivität anderer Regionen auswirkten. Mit Hilfe dieser Netzwerkanalysen hoffen die Forscher in Zukunft, Anfälle besser vorherzusehen. „Man sollte meinen, dass man mit diesen Methoden Vorboten für Anfälle im Gehirn sieht. Aber das ist bislang nicht der Fall“, erklärt die Leiterin der Untersuchung Marie-Therese Kuhnert. Sie promoviert über dieses Thema.

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Tag-Nacht-Wechsel deutlicher als epileptischer Anfall

Tagsüber ist die Kopplung verschiedener Regionen im Gehirn gering, nachts arbeiten sie eher im Gleichklang. Während eines epileptischen Anfalls, so wird angenommen, ist die Gleichschaltung jedoch noch viel stärker. Überraschenderweise zeigten die Netzwerkanalysen aber, dass Veränderungen der Kommunikation zwischen den Hirnregionen durch den Tag-Nacht-Wechsel oder auch durch Medikamente viel deutlicher waren als vor oder sogar während epileptischer Anfälle. „Wir müssen nun die ’normalen‘ Phasen zwischen den Anfällen besser verstehen“, betont Kuhnert. „Wir wollen aber auch die Analysemethoden weiter verbessern, um mögliche Veränderungen vor einem epileptischen Anfall besser zu erkennen.“

Die Untersuchung stößt international auf großes Interesse. Gerade hat Marie-Therese Kuhnert zusammen mit ihrem Doktorvater Professor Dr. Klaus Lehnertz und dem Direktor der Bonner Universitätsklinik für Epileptologie Professor Dr. Christian Elger ihre Ergebnisse im aktuellen Journal „Chaos“ publiziert. Dabei waren die Forscher vom Ausgang ihrer Untersuchung selbst überrascht. „Vor allem hätten wir nicht gedacht, dass die Netzwerkänderungen bei epileptischen Anfällen so gering sind“, erklärt Marie-Therese Kuhnert. (Chaos, 2011; doi: 10.1063/1.3504998).

(Universität Bonn, 28.01.2011 – NPO)

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