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Geowissen

Tuff: Zerstobenes Magma als Gestein des Jahres 2011

Einst geboren bei Vulkanausbrüchen, findet sich Tuffgestein auch in Deutschland häufig

Das Kloster Maria Laach ist teilweise auf Tuffstein gebaut © Nikanos / CC-by-sa 2.5

Der Eyjafjallajokull tut es, der Vesuv und auch der einstige Supervulkan unter der Eifel: Sie alle stoßen bei Ausbrüchen fein zerstobenes Magma aus, das sich dann als Tuff auf der Erde ablagert. Bereits in früheren Epochen der Ergeschichte entstandenes Tuffgestein findet sich in Deutschland in vielen Regionen, von der Eifel bis zu Schwäbischen Alp. Das Tuffgestein ist jetzt zum Gestein des Jahres 2011 ernannt worden.

Tuffe sind ganz besondere Gesteine, denn sie sind das Ergebnis sowohl von magmatischen als auch sedimentären Prozessen. Sie entstehen, wenn flüssiges Magma unter hohem Druck aus einem Vulkan in die Atmosphäre geschleudert wird. Dabei wird der Verband des flüssigen Magmas zerstört und es entstehen Myriaden von meist staubfeinen bis faustgroßen Partikeln. Wenn sie auf die Erde fallen, dann nennen wir dieses Sediment „Tuff“.

Die Geburt: Vom Vesuv bis zum Eyjafjallajokull

In vulkanisch aktiven Gebieten der Erde ist die Tuffbildung auch heute direkt zu beobachten: Die Aschewolken des isländischen Vulkans Eyjafjallajokull, die im April 2010 den Flugverkehr über Europa teilweise zum Erliegen brachten, waren solch ein zerstobenes Magma. Heiße vulkanische Asche des Merapi auf Java verbrannte im Herbst 2010 im Umkreis von 18 Kilometern Dörfer und Felder an den Hängen des gefährlichen indonesischen Vulkans. Ein historisches Ereignis für einen Vulkanausbruch mit enormer Tuffbildung ist der Ausbruch des Vesuvs 79 n.Chr., der die Städte Pompeji und Herkulaneum unter einer bis zu 60 Meter dicken Ascheschicht begrub.

Tuffgesteine geben uns nicht nur Einblicke in dynamisch-bewegte Phasen, die in geologisch weit zurückliegenden Zeiten stattgefunden haben – sie entstehen auch heute noch. Sie begegnen uns in der Natur, aber auch an vielen Bauwerken in deutschen Städten als Baustein oder als Zement und geben lebendige Zeugnisse für die Architekturgeschichte Deutschlands.

Das Vorkommen: Von der Eifel bis in die Schwäbische Alp

In Deutschland sind Tuffe hauptsächlich an zwei Zeitabschnitte der Erdgeschichte gebunden. Vor etwa 300 Millionen Jahren kam es in der Rotliegendzeit, an der Wende vom Karbon zum Perm, in den heutigen Mittelgebirgen bis in das norddeutsche Tiefland zu ausgedehntem Vulkanismus und Tuffbildungen. Diese Gesteine haben eine mineralische Zusammensetzung, die Graniten ähnlich ist und rhyolithisch genannt wird. Wegen ihrer rötlichen Farbe werden sie umgangssprachlich meist als Porphyr-Tuffe bezeichnet

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Im Tertiär, speziell im Zeitraum von etwa 25 bis 45 Millionen Jahren vor heute, entstanden Tuffe mit überwiegend basaltischer Zusammensetzung. Vorkommen sind aus der Eifel, der Schwäbischen Alb, vom Vogelsberg, aus dem Hegau und dem Egergraben bekannt. Die jüngsten Tuffe sind nur wenige Jahrtausende alt. Der nur ca. 11000 Jahre alte Laacher-See-Tuff hat in weiten Teilen Westdeutschlands eine große regionale Verbreitung und ist eine wichtige Zeitmarke für die jüngste geologische Vergangenheit.

Die Nutzung: Vom Kloster bis zum Trasszement

Tuffe werden vor allem wegen ihrer relativ leichten Gewinnung und Bearbeitung gerne als Werkstein verwendet. Dies gilt vor allem dort, wo sie als größere, strukturell weitgehend homogene Körper auftreten. Oftmals weisen die Vorkommen allerdings nur eine geringe Mächtigkeit der Tufflagen auf oder es bestehen Wechsellagerungen mit tonigen und sandigen Sedimenten. Mit vergleichsweise geringem mechanischem Aufwand können aus größeren Tuffkörpern Blöcke mit ebenen Flächen geschnitten werden, die sich ideal als Baustein eignen. Vorteilhaft sind außerdem das gegenüber kompakten Festgesteinen geringere Raumgewicht und die Dämmwirkung auf Grund des großen Porenanteils.

Das bekannteste und als Baustein in großem Ausmaß verbreitete Tuffgestein aus der Rotliegendzeit ist zweifellos der so genannte Rochlitzer Porphyrtuff aus dem Nordwestsächsischen Vulkanitkomplex. Er findet sich in vielen Bauwerken in Leipzig, Chemnitz und vielen weiteren Orten, auch über Sachsen hinaus, und wird noch immer abgebaut. Tuffe aus anderen Vorkommen in der Vorerzgebirgssenke um Chemnitz wie z.B. der Hilbersdorfer Tuff wurden früher ebenfalls in großem Umfang gewonnen und als Werkstein und auch für Skulpturen verwendet. Hervorragendes Beispiel dafür ist die Tulpenkanzel im Freiberger Dom.

Exemplarisch für die Verwendung der Tuffe der Eifel ist das im romanischen Stil erbaute Kloster Maria Laach. Teile des Xantener Domes und des Kölner Rathauses sind aus Tuff von Weibern (bei Mayen) erbaut. Als Baustein bekannt und selbst für Skulpturen verwendet sind auch der rote Michelnauer Tuff aus dem Wetteraugebiet oder der basaltische Habichtswaldtuff, der breite Verwendung in den Bauten des Parks Wilhelmshöhe in Kassel fand. Quantitativ größere Bedeutung hatten und haben Tuffe als Rohstoff für den seit Jahrhunderten im Bauwesen verwendeten so genannten Trasszement.

Das Gestein des Jahres wird seit 2007 gemeinsam vom Berufsverband Deutscher Geowissenschaftler (BDG) und der Deutschen Gesellschaft für Geowissenschaften (DGG) bestimmt. Die Gesteine sollen in der gesamten Breite ihrer Funktionen im Naturraum und ihrer Anwendungen in der menschlichen Gesellschaft dargestellt werden.

(Berufsverband Deutscher Geowissenschaftler (BDG), 27.01.2011 – NPO)

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