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Neurobiologie

Nervensystem als dreidimensionale Landkarte

Erste Karte der Dopamin-erzeugenden Axone in einem Wirbeltier

Übersichtsbild eines eingefärbten Zebrafisch-Nervensystems © Universität Freiburg

Zum ersten Mal haben Forscher eine vollständige dreidimensionale Karte aller Nervenzellen im Gehirn, die Dopamin als Botenstoff verwenden, für ein Wirbeltier erstellt. Die jetzt in „Nature Communications“ veröffentlichte Karte enthüllt unter anderem, dass diese Nervenzellausläufer überraschend weitreichende Verbindungen bilden. Außerdem deutet sie darauf hin, dass diese Axone auch an der Umschaltung von Grundverhalten nach Stress beteiligt sein könnten.

Die Organisation einer Stadt wäre ohne die Kenntnis des Verlaufs aller Straßen schwer zu verstehen. Wissenschaftler stehen vor dem gleichen Problem, wenn sie die Funktion des Gehirns erfassen wollen. Für Wirbeltiere ist bisher nur bruchstückhaft bekannt, welche Nervenzellen ihre Verbindungen, so genannte Axone, in bestimmte Hirnregionen senden. Dazu gehören Nervenzellen, die das kleine Molekül Dopamin als Botenstoff verwenden – diese Nervenzellen steuern viele Verhaltensweisen. In der Parkinson’schen Krankheit sterben eben diese Neurone ab, die in der Medizin eine wichtige Rolle spielen.

Erste vollständige Karte aller Dopamin-Axone im Wirbeltierhirn

Neurobiologen der Universität Freiburg um Professor Wolfgang Driever haben in Zusammenarbeit mit dem Informatiker Olaf Ronneberger und Roland Nitschke vom Zentrum für Biosystemanalyse ZBSA) nun zum ersten Mal für ein Wirbeltier eine vollständige Karte aller Axone, die Dopamin als Botenstoff verwenden, in dem Modell Zebrafisch erstellt. Die Daten zeigen für eine

medizinisch wichtige Klasse von Botenstoffen im Nervensystem alle Projektionsmöglichkeiten, das „Projektom“, jeder Nervenzelle auf. Die Darstellung der dreidimensionalen Projektomkarte gelang den Forschern durch die Kombination der selektiven genetischen Markierung einzelner Nervenzellen mit hoch auflösender Mikroskopie ermöglicht.

Dopamin-Neuronen mit überraschend weiten Verbindungen

Die neue Karte zeigt wichtige Informationen zur möglichen Funktion des Gehirns. So zeigt sie, dass dopaminerge Neurone des Zwischenhirns in bisher ungeahnter Weise weit entfernte Hirnregionen verbinden, die verantwortlich sind für höhere Gehirnfunktionen im Telencephalon, für die Kontrolle der Physiologie im Hypothalamus, die Bewegungssteuerung im Hinterhirn und die Bewegungsausführung im Rückenmark. Diese Neurone können an der Umschaltung von Grundverhalten nach Stress beteiligt sein: aktive Reaktionen wie Kampf und Flucht oder passive Reaktionen wie Erstarrung.

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In der gleichen Arbeit wird ein neues dopaminerges System in einem anderen Bereich des Zebrafisch-Gehirns, dem Striatum, beschrieben, das das von dem Verlust dopaminerger Verbindungen bei Parkinson-Patienten besonders betroffen ist. Dieses System kompensiert dort möglicherweise die in Fischen geringere Zahl einwachsender dopaminerger Neurone. In Verbindung mit weiteren neurobiologischen Untersuchungen eröffnet die „Projektom“ Karte ein neues Verständnis von Schaltkreisen im Fischgehirn als einfachem Wirbeltier. (Nature Communications, 2011; doi:

10.1038/ncomms1171)

(Universität Freiburg, 27.01.2011 – NPO)

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