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Biologie

Schnecken: „Trick“ schützt gegen giftige Metalle

Genduplikation ermöglicht selektive Bindung von Metallen

Garten-Schnirkelschnecken sind extrem widerstandsfähig © Reinhard Dallinger

Landschnecken sind keineswegs weichlich, sondern vielmehr äußerst widerstandsfähig gegenüber Umweltstress. So können sie zum Beispiel giftige Metalle in großen Mengen binden und entgiften. Ein evolutionärer Trick ist einer der Gründe dafür, weshalb die Weichtiere so hart im Nehmen sind. Das hat ein österreichisch-spanisches Forscherteam nun herausgefunden. Die Zeitschrift „BMC Biology“ berichtet darüber in ihrer aktuellen Ausgabe.

Schnecken stammen aus dem Meer. Ihre Form haben sie im Laufe ihrer Entstehung vor 600 Millionen Jahren im Kambrium bis heute nur geringfügig verändert, ihre Lebensweise allerdings sehr wohl. Etwa die Hälfte ihrer rund 43.000 Arten hat sich von Meeres- zu Landbewohnern entwickelt. An Land erfolgreich bestehen konnten sie dank zahlreicher Anpassungen. Eine davon kann man als „evolutionären Trick der Sonderklasse bezeichnen“, erklärt Reinhard Dallinger Professor für Ökophysiologie an der Universität Innsbruck.

Metalle: Lebensnotwendig und giftig zugleich

Die Anpassung ans Land brachte für Schnecken die Notwendigkeit mit sich, mit erhöhten und variablen Metallkonzentrationen umgehen zu müssen. „Metalle sind ja natürliche Bestandteile der Erdkruste. Bei jedem Regenguss erhöht sich die Verfügbarkeit von Metallionen im Boden sprunghaft. Im Gegensatz zu ihren Verwandten im Meer hatten Landschnecken aber nun nicht mehr ausreichend Wasser zur Verfügung, um unerwünschte Metalle aus ihrem Körper zu spülen. Ihr Organismus passte sich an und entwickelte intrazelluläre Mechanismen, um mit erhöhten und variablen Metallbelastungen umzugehen“, erklärt Dallinger.

Schnecken benötigen für zentrale Stoffwechselvorgänge das Spurenelement Kupfer. So enthält zum Beispiel ihr Atmungsprotein Hämocyanin Kupfer und nicht Eisen, wie etwa beim Menschen. Schneckenblut ist daher nicht rot, sondern hellblau. Das für ihren Stoffwechsel so notwendige Kupfer können die Tiere in ihren Zellen festhalten und speichern. Gleichzeitig können sie Überschüsse anderer giftiger Metalle binden und entgiften, ohne dass dies den für die Tiere lebenswichtigen Kupferstoffwechsel beeinträchtigt.

Expression (violette Ablagerungen) des Cadmium-Metallothionein-Gens der Weinbergschnecke in Epithelzellen des Darmtraktes © Reinhard Dallinger

Proteine binden Metalle

Dies gelingt den Weichtieren durch spezielle körpereigene Eiweißstoffe – so genannte „Metallothioneine“. Proteine dieser Klasse enthalten besonders viele Aminosäuren mit Schwefelatomen, die Metalle binden können. „Bei den meisten Tieren binden Metallothioneine relativ unspezifisch Kupfer, Cadmium und Zink gleichzeitig. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Bindung zwischen den Schwefelatomen und gewissen Metallionen in diesen Proteinen wenig selektiv ist“, erklärt Dallinger. Im Gegensatz dazu ist es den Landschnecken im Lauf der Evolution gelungen, diese geringe chemische Spezifität durch eine Folge von evolutionären Vorgängen derart zu kompensieren, dass daraus Metall-spezifische Proteinvarianten entstanden.

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Genduplikation ermöglicht getrennte Bindung von Kupfer und Cadmium

Ausgangspunkt dieser Entwicklung war ein evolutionärer Vorgang, der als Genduplikation bezeichnet wird. Dabei entstand zunächst eine identische Kopie eines bereits vorhandenen Metallothionein-Gens. Die darauf einsetzende, evolutionäre Abwandlung der beiden Proteinketten hat dazu geführt, dass schließlich eine der Isoformen eine räumliche Konfiguration einnimmt, bei der nur mehr Kupferionen in trigonaler Koordination gebunden werden können, während eine zweite Isoform nur mehr Cadmium in tetragonaler Koordination binden kann.

Schnecken können dadurch in ihrer Mitteldarmdrüse große Mengen giftiger Metalle binden und entgiften, ohne dass dabei der Stoffwechsel des lebensnotwendigen Kupfers beeinträchtigt wird. Dieser Umstand macht diese Tiere besonders widerstandsfähig gegenüber Schwermetallbelastungen. Das Ergebnis des österreichisch-spanischen Teams liefert neue Einblicke, wie es durch evolutionäre Mechanismen zur Ausprägung von Metall-Spezifitäten in diesen Proteinen kommen kann. (BMC Biology, 2011; doi:10.1186/1741-7007-9-4)

(Universität Innsbruck, 25.01.2011 – NPO)

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