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Raumfahrt

Forscher simulieren Marsatmosphäre

Projekt untersucht Eintritt von Raumfahrzeugen in die Marsatmosphäre

Glühende Partikel im Lichtbogenbeheizten Windkanal: Die Daten für die numerischen Computermodelle stammen aus Windkanalversuchen, bei denen die physikalischen Eigenschaften des Mars nachgebildet werden. In der Marsatmosphäre befinden sich beispielsweise mehr Partikel als in der Erdatmosphäre, was einen höheren Reibungswiderstand bedeutet. © DLR

Gestern hat ein internationales Projekt zur Simulation des Eintritts von Raumfahrzeugen in die Marsatmosphäre begonnen. Ein Team aus deutschen, russischen und italienischen Wissenschaftlern bildet dazu im Kölner Windkanal unter anderem die Marsatmosphäre nach – ein weiterer wichtiger Schritt auf dem Weg hin zu künftigen bemannten oder unbemannten Marsexpeditionen.

Die im Rahmen des Projektes SACOMAR – Safe and Controlled Martian Entry – ermittelten Daten sollen unter anderem bei der Entwicklung von neuartigen Hitzeschutzkonzepten sowie Materialien helfen. Sie könnten aber auch Einfluss auf das aerodynamische Design der Raumfahrzeuge haben.

Mars gibt Geheimnisse preis

Die Erforschung des Mars hat in den vergangenen Jahren große Fortschritte gemacht. Raumfahrtmissionen wie „Mars Express“ haben das Wissen über den „Roten Planeten“ deutlich verbessert. Dennoch sind noch viele Fragen zur Beschaffenheit, Entstehung und Entwicklung unseres Nachbarplaneten offen. Antworten auf diese Fragen sind nur auf der Oberfläche des Mars zu finden.

Um dort sicher landen zu können, muss zunächst die Hürde der Marsatmosphäre genommen werden. Hier beginnt die Arbeit der Forschergruppe um Ali Gülhan vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR).

Heißer Eintritt

Ähnlich wie bei dem Wiedereintritt von Raumfahrzeugen in die Erdatmosphäre muss ein Raumfahrzeug beim Eintritt in die Marsatmosphäre enormen Temperaturbelastungen standhalten. Aus diesem Grund sind sowohl Landekapseln als auch Spaceshuttles durch eine Hitze absorbierende Schicht geschützt. Diese kann unter anderem aus organischem Material – das während des Eintritts verbrennt – oder auch keramischen Strukturen bestehen.

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Vergangene Marsmissionen hatten begrenzte Informationen über die Zusammensetzung der Atmosphäre des Planeten. Präzise Vorhersagen der zu erwartenden Temperaturen beim Eintritt in die Marsatmosphäre waren nur teilweise möglich. Deshalb wurde aus Sicherheitsgründen der Hitzeschutz mit großen Toleranzen konzipiert. Dieser überdimensionierte Hitzeschutz wirkte sich allerdings negativ auf die wissenschaftliche Nutzlast des Raumfahrzeugs aus. Die aktuellen Forschungen sollen dies verbessern.

Computersimulation des Strömungsverhaltens der heißen Gase beim Eintritt in die Atmosphäre: Eine genaue Vorhersage der Verteilung des Hitzeflusses auf der Oberfläche der Raumkapsel, die mit Hyperschall in die Atmosphäre eintritt, ist für eine grundlegende Verbesserung der Eintrittstechnologie unerlässlich. Zur Modellierung der Strömungsverteilung werden vielfach Computersimulationen eingesetzt. Die Daten für diese Computermodelle stammen aus Windkanalversuchen, bei denen die physikalischen Eigenschaften des Mars nachgebildet werden. © DLR

Nachgebildete Marsatmosphäre

Eine genaue Vorhersage der Verteilung des Hitzeflusses auf der Oberfläche der Raumkapsel, die mit Hyperschall in die Atmosphäre eintritt, ist für eine grundlegende Verbesserung der Eintrittstechnologie unerlässlich. Zur Modellierung der Hochtemperaturströmung werden vielfach Computersimulationen eingesetzt. Dafür wird auch das vom DLR entwickelte TAU-Rechenverfahren genutzt.

Die Daten für diese Computermodelle stammen aus Windkanalversuchen, bei denen die wesentlichen physikalischen Eigenschaften des Mars nachgebildet werden. In der Marsatmosphäre befinden sich beispielsweise im Vergleich zur Erdatmosphäre mehr Partikel, die die Erosion des Hitzeschutzes deutlich verstärken.

Modell in simulierter Marsatmosphäre: In Köln steht den Forschern ein Lichtbogenbeheizter Windkanal zur Verfügung, in denen Modelle den realen Hitzelasten ausgesetzt werden können. Durch optische und elektronische Messtechnik kann das Strömungsverhalten der heißen Gase und die punktuelle Hitzebelastung einzelner Partien des Modells untersucht werden. Die Raumkapseln treten mit ihrer stumpfen Unterseite voran in die Atmosphäre ein, was dort zu einer Art Schockwelle mit hohen Temperaturen führt, während die an der Rückseite vorbeiströmenden Gase deutlich kühler sind. © DLR

Windkanal mit Lichtbogenheizung

In Köln steht den Forschern ein Lichtbogenbeheizter Windkanal zur Verfügung, in dem Modelle den realen Hitzelasten ausgesetzt werden können. Diese Anlage erlaubt das Strömungsfeld des Marseintritts mit Staubpartikeln nachzubilden und das Verhalten des Hitzeschutzmaterials mit Hilfe optischer und konventioneller Messtechniken zu untersuchen.

Während die Frontseite der Raumkapsel höheren thermischen Lasten ausgesetzt ist, bestimmt die relativ kühle und dünne Strömung auf der Rückseite die dynamische Flugstabilität des Fahrzeuges. Zusätzlich werden beim DLR in Göttingen Experimente zur Bestimmung des Einflusses der Gaszusammensetzung auf den Wärmefluss durchgeführt. Die durch numerische Simulation und im Windkanal gewonnenen Daten fließen in die Entwicklung von neuartigen Hitzeschutzkonzepten sowie Materialien ein und haben Einfluss auf das aerodynamische Design der Raumfahrzeuge.

International und interdisziplinär

Neben der Strömungs- und Materialforschung beschäftigt sich das interdisziplinäre Forschungsprojekt SACOMAR auch mit dem Problem des sogenannten Blackouts, dem Abriss der Funkverbindung während der Eintrittsphase. Projektleiter Gülhan zu dem Potenzial von SACOMAR: „Das Projekt bietet uns die Chance, durch die Kooperation von Wissenschaftlern verschiedener Fachgebiete technologische Grundlagen des Marseintritts im Detail zu untersuchen. Die Forschungsergebnisse können einen Beitrag zum ExoMars-Projekt der ESA leisten.“

(Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), 21.01.2011 – DLO)

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