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Erdbeben treffen arme Länder härter

Forscher legt Bericht zu den globalen Schadensbeben des Jahres 2010 vor

Katastrophen und ihre Folgen: Bilder von Erdbeben 2010. © CEDIM

2010 haben Erdbeben weltweit gewaltige Schäden angerichtet. Die Schreckensbilanz: etwa 200.000 Tote, fast drei Millionen Obdachlose, mehr als 50 Milliarden US-Dollar Verlust. Eine genaue Analyse der Katastrophen und ihrer Hintergründe haben jetzt Karlsruher Forscher vorgelegt. Ergebnis: Beben treffen arme Länder härter.

Höher entwickelte Staaten verfügen danach über umfassendere Baurichtlinien, eine stärkere Forschung auf dem Gebiet der Erdbebenrisiken und -effekte sowie eine sicherere Bauweise und umfangreichere Maßnahmen zur Reduzierung des Risikos. „Sie bereiten sich auch besser auf ein Katastrophenmanagement vor“, so James Daniell vom Center for Disaster Management and Risk Reduction Technology (CEDIM) am Karlsruher Institut für Technologie (KIT).

91 Schadensbeben in 2010

Daniells Bericht zu den globalen Schadensbeben des Jahres 2010 gründet auf der Datenbasis CATDAT, die der Wissenschaftler seit 2003 systematisch aufgebaut hat. Sie berücksichtigt Online-Archive, Berichte von Institutionen, Veröffentlichungen in Büchern und Zeitschriften, aber auch andere Datensammlungen weltweit.

Danach gab es im vergangenen Jahr mindestens 91 Erdbeben, bei denen Menschen starben, verletzt oder obdachlos wurden oder bei denen beträchtliche Sachschäden entstanden. Betroffen waren 33 Länder, 13 Mal – und damit am häufigsten – bebte die Erde in China, zehn Mal im Iran.

Chile: Stärkeres Beben, viel weniger Tote

Daniell hat zudem die Bedingungen in den betroffenen Ländern beleuchtet und dabei eine Erklärung dafür gefunden, warum die Unglücke sich so unterschiedlich auswirkten. Die verheerendsten Folgen hatte das Beben mit der Stärke sieben auf der Momenten-Magnituden-Skala (Mw) in Haiti: Es forderte bis zu 225.000 Todesopfer, zwischen einer und 2,1 Millionen Menschen wurden obdachlos.

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Die Erderschütterungen in Chile erreichten gar die Stärke 8,8 Mw. Dort wurden rund 800.000 Menschen obdachlos – mit 600 starben aber weit weniger Menschen als in Haiti. Der Grund: In dem Karibik-Staat traf das Erdbeben eines der am wenigsten entwickelten Länder der Welt, mehr als 70 Prozent der Menschen in Haiti haben weniger als zwei Dollar pro Tag zur Verfügung und leben somit unter der Armutsgrenze. Pläne zur Absicherung gegen Erdbeben gibt es kaum, die meisten Häuser sind in einfachster Weise gebaut.

Haiti: Eines der folgenreichsten Erdbeben seit 1900

In Chile dagegen verhinderten stabilere Gebäude eine deutlich höhere Zahl an Todesopfern. Zwar verursachte das Erdbeben Verluste in Höhe von rund 30 Milliarden US-Dollar. Sie wirken sich aber in Chile, wo nur rund zwei Prozent der Bevölkerung unter der Armutsgrenze leben, weniger gravierend aus als die – absolut gesehen niedrigeren – Verluste von etwa acht Milliarden US-Dollar in Haiti. Denn diese Summe macht in dem Land mehr als 100 Prozent des nominalen Bruttoinlandsprodukts aus, so der Forscher.

Insgesamt gehört die Katastrophe in Haiti zu den zehn folgenreichsten Erdbeben seit 1900. Für Daniell ergibt sich daraus: „Die sozioökonomische Verwundbarkeit eines Landes muss bei der Risikoabschätzung eine wichtige Rolle spielen“.

(Karlsruher Institut für Technologie, 19.01.2011 – DLO)

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