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Geowissen

„Spukhafte Fernwirkung“ bei Erdbeben?

Oberflächenwellen des Starkbebens von Chile lösten Schwachbeben in Kalifornien aus

Das schwere Erdbeben, das am 27. Februar 2010 Chile traf, hatte offenbar eine unerwartete Fernwirkung: Nach Ansicht amerikanischer Forscher löste es 10.000 Kilometer weiter nördlich, in der Mitte Kaliforniens, einen Schwarm von schwächeren Folgebeben aus. Wie sie in der Fachzeitschrift „Geophysical Research Letters“ berichten, könnte ein bestimmter Typ von Oberflächenwellen für diese „Fernwirkung“ verantwortlich sein.

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Am 27. Februar 2010 ereignete sich vor der Küste von Chile, rund 105 Kilometer nordöstlich der Stadt Conception, ein Erdbeben der Stärke 8,8, das wenig später einen Tsunami auslöste. Zwei Millionen Menschen waren von den Folgen des Bebens betroffen, eine halbe Million Häuser wurden zerstört. Der Erdstoß war das stärkste Beben seit fast 50 Jahren in dieser Region. Neueste Forschungen von Wissenschaftlern des Georgia Institute of Technology und des US Geological Survey (USGS) deuten jetzt darauf hin, dass das Erdbeben nicht nur in Chile Spuren hinterließ.

Schwachbeben an mehreren Stellen Kaliforniens

Denn unmittelbar nach dem chilenischen Erdbeben wurde im 10.000 Kilometer entfernten Kalifornien ein ganzer Schwarm von flachen, schwächeren Beben registriert. Die Forscher gingen diesen Daten nach. Vier der schwachen Beben – das stärkste von ihnen der Magnitude 3,5 – ereigneten sich nahe dem geothermischen Feld bei Coso. Diese Region wird häufiger von Erdstößen erschüttert. Ein weiterer Schwarm von niederfrequenten, eher tiefliegenden Beben registrierten Seismometer entlang der Parkfield-Cholame Sektion der San Andreas Verwerfung. Auch hier häuften sich die Erdstöße unmittelbar nach dem Zeitpunkt des Chilebebens.

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Love-Wellen als Auslöser

Als die Forscher die statistischen Wahrscheinlichkeiten für einen Zufall oder eine mögliche Verbindung zum Chilebeben verglichen, sprach das Ergebnis für einen Zusammenhang. Nach Ansicht der Erdbebenforscher könnten die horizontalen Oberflächenwellen des Chile-Erdbebens, die so genannten Love-Wellen, vom Epizentrum aus bis nach Kalifornien gewandert sein. Dort hätten dann vor allem die Bereiche auf die bis dahin abgeschwächten Wellen reagiert, die ohnehin unter Spannung standen. Die minimalen Erschütterungen hätten gereicht, um sie „über die Kippe“ zu bringen und so dort ebenfalls Beben auszulösen. (Geophysical Research Letters, 2010; doi:10.1029/2010GL045462)

(American Geophysical Society, 18.01.2011 – NPO)

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