Die Tiefsee ist für Menschen genauso lebensfeindlich und schwer zugänglich wie der Weltraum. Um sie zu enträtseln, müssen Wissenschaftler bemannte oder ferngesteuerte Tauchboote nutzen. Ein neuer Tiefsee-Roboter am Kieler Leibniz-Institut für Meereswissenschaften (IFM-GEOMAR) soll nun entscheidend zur Erforschung der Tiefsee beitragen.
Das ROV PHOCA wiegt 1,5 Tonnen und ist in Wassertiefen von bis zu 3.000 Metern einsetzbar. Es soll zunächst vor allem für die Installation des neuen Meeresboden-Observatoriums MoLab eingesetzt werden.
PHOCA komplettiert die Tiefseeflotte des IFM-GEOMAR, der bisher bereits das autonome Unterwasserfahrzeug ABYSS, das bemannte Tauchboot JAGO und der ferngesteuerte Tiefseeroboter ROV KIEL 6000 angehörten.
Neue Arme und Augen für die Tiefsee
Es war ein gewaltiges Paket, das der Tieflader kurz vor Weihnachten am IFM-GEOMAR ablieferte. Und auch wenn es sich nicht um ein Weihnachtsgeschenk handelte, wurde es von den Tiefseeforschern des Instituts mindestens genauso sehnsüchtig erwartet. In einer schlichten Holzkiste steckte sicher verpackt der Tiefseeroboter PHOCA. „Es ist, als ob uns neue Arme und Augen für die Tiefsee gewachsen sind“, sagt Olaf Pfannkuche, wissenschaftlicher Leiter des Technik- und Logistikzentrum am IFM-GEOMAR.
Das ROV PHOCA ist ein mittelgroßer Arbeitsroboter vom Typ „Comanche“ der schottischen Firma „sub-Atlantic“. Zusammen mit dem ROV KIEL 6000, das seit 2007 am IFM-GEOMAR beheimatet ist, verfügt das Institut jetzt über zwei ferngesteuerte Tauchroboter mit so genannter „work class“ Klassifizierung. Für das erfahrene ROV-Team des IFM-GEOMAR ist an dem neuen Gerät vieles vertraut.
1,2 Millionen Euro teures Gerät
„Wir haben uns speziell für diesen Typ ROV entschieden, weil es einige Übereinstimmungen mit dem bereits vorhandenen ROV KIEL 6000 gibt“, erklärt Team-Leiter Friedrich Abegg. So sind zum Beispiel die Winden und die Versorgungskabel beider ROVs austauschbar. Auch die zwei Greifarme des neuen Tauchroboters sind vom gleichen Typ wie beim ROV KIEL 6000, so dass der Aufwand für Training und Wartung vermindert werden kann. Ein wesentlicher Vorteil des ROV PHOCA ist jedoch, dass es auch von den mittelgroßen Schiffen des IFM-GEOMAR, der POSEIDON und der ALKOR aus einsetzbar ist und damit eine Lücke im Portfolio des Instituts schließt.
Das mit Steuercontainer, Winde und Kabel rund 1,2 Millionen Euro teure Gerät wird zunächst vornehmlich für den Aufbau und die Wartung des modularen multidisziplinären Tiefseeobservatoriums MoLab eingesetzt werden. Dieses neuartige Beobachtungssystem für die Tiefsee wird derzeit am IFM-GEOMAR entwickelt und zum Teil mit Unternehmen aus Schleswig-Holstein gebaut.
Phoca als unverzichtbarer Helfer
„Zwei Drittel der Erdoberfläche sind noch fast unbekannt, weil sie von kilometertiefen Meeren bedeckt sind“, erklärt Pfannkuche, der auch das Projekt MoLab leitet. „Wenn wir unsere Erde besser verstehen wollen, müssen wir diese zwei Drittel langfristig und großflächig beobachten können. MoLab ist ein wichtiger Schritt in diese Richtung“, betont Pfannkuche.
Das ROV PHOCA wird dabei den Forschern zufolge ein unverzichtbarer Helfer sein, mit dem am Meeresboden Messgeräte, auf- und abgebaut sowie gewartet werden können. Erste Testeinsätze für MoLab und das neue ROV sind im Frühjahr 2011 geplant.
(Leibniz-Institut für Meereswissenschaften, 17.01.2011 – DLO)