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Physik

Protonen-Stoppuhr misst Molekül-Umlagerung

Forscher messen erstmals die Schnelligkeit der Isomerisierung eines Moleküls

Reaktionsmikroskop zur Beobbchtung molekularer Umlagerungen © MPI für Kernphysik

Live zu beobachten, wie ein Molekül seine Bestandteile umarrangiert, war bisher nicht möglich. Jetzt ist es Forschern erstmals gelungen, mit einer Art Stoppuhr aus Extrem-UV-Licht-Pulsen diese so genannte Isomerisierung einzufangen und die Geschwindigkeit der Umlagerungen mi Molekül zu messen. Solche Reaktionen spielen eine entscheidende Rolle bei vielen biologischen Prozessen, etwa dem Sehen, könnten aber auch in der Nanotechnologie zukünftig eine wichtige Rolle spielen.

Moleküle aus gleichen Bestandteilen, aber mit unterschiedlicher geometrischer Form nennen Chemiker Isomere. Die Formenvielfalt der Isomere bringt auch eine Vielfalt der Eigenschaften und Funktionen mit sich, der Wechsel von einem Isomer in ein anderes spielt bei vielen biochemischen Prozessen eine entscheidende Rolle. Direkt beobachten lassen sich diese Isomerenumwandlungen jedoch bisher nicht. Daher war auch die Geschwindigkeiten von Isomerisierungsreaktionen bislang unbekannt.

Isomerenumwandlung mit EUV-Stoppuhr gemessen

Nun haben Forscher um Robert Moshammer und Joachim Ullrich vom Max-Planck-Institut für Kernphysik in Heidelberg erstmals die Zeit gemessen, die eine bestimmte Isomerisierungsreaktion dauert. Sie untersuchten das einfache organische Molekül Acetylen (C2H2), welches aus zwei miteinander verbundenen Kohlenstoff-Atomen besteht, an die je ein Wasserstoff-Atom gebunden ist. Mit der nötigen Anregungsenergie versorgt, wandelt sich ein Teil der Moleküle in das Isomer Vinyliden um, in dem beide Wasserstoff-Atome an eines der beiden Kohlenstoff-Atome gebunden sind und das, anders als das Acetylen, eine gebogene Molekülstruktur aufweist.

Mit einer Art Stoppuhr aus intensiven Pulsen von extrem ultraviolettem (EUV) Licht glang es den Heidelberger Forscher nun, die Dauer dieser Umwandlungsreaktion zu messen. Die Wissenschaftler registrierten dafür einen Wert von 52 +/- 15 Femtosekunden. „Das Ergebnis passt gut zu bisherigen groben Schätzungen, die auf indirekten Experimenten beruhten, welche den Protonentransfer nicht nachweisen konnten und Zeiten zwischen 50 und 100 Femtosekunden abschätzten“, sagt Yuhai Jiang, der die Daten auswertete und interpretierte.

Wichtige Informationen für Biochemie oder Technik

Der Erfolg der Heidelberger Forscher ermöglicht weitere Fortschritte im Verständnis der Dynamik dieser Klasse von Reaktionen. Die Isomerenumwandlung nutzen beispielsweise Organismen, um absorbierte Lichtenergie in chemischer Form zwischenzuspeichern, bevor sie weiterverwendet wird, wie es etwa beim Sehen der Fall ist. Aber auch in der Technik könnten Isomere benutzt werden: Das Hin- und Herschalten zwischen zwei Isomeren, die eine unterschiedliche elektrische Leitfähigkeit aufweisen, könnte den Stromfluss in elektrischen Schaltkreisen der Zukunft steuern. Solche nur molekülgroßen Schalter wären etwa 100 Mal kleiner und schneller als die Transistoren in heutigen Computerchips und würden deren weitere Miniaturisierung ermöglichen. (Phys. Rev. Lett. 105, 263002 (2010))

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(Max-Planck-Gesellschaft, 14.01.2011 – NPO)

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