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Paläontologie

Mini-Dino ist neuer Urahn von T.rex und Co.

230 Millionen Jahre altes Fossil krempelt Dinosaurier-Stammbaum um

Rekonstruktion des Kopfes von Eodromaeus © Mike Hettwer / Science

Paläontologen haben in Argentinien einen 230 Millionen Jahre alten Dinosaurier entdeckt, der bisherige Annahmen zum Ursprung der Dinosaurier umkrempelt. Nach jahrelanger Rekonstruktion des Skeletts entpuppte sich „Eodromaeus murphi“ als wahrscheinlicher Urahn aller Raubdinosaurier. Den bisherigen Favorit für die Rolle des allerersten Dinos könnte die jetzt in „Science“ erschienen Studie dagegen „degradieren“.

Dass die Dinosaurier vor 65 Millionen Jahren ausstarben, ist hinreichend bekannt. Noch immer ein großes Rätsel der Paläontologie ist dagegen ihr Ursprung, die Frage, wer ihre Vorfahren waren und wie sich die ersten Dinosaurier entwickelten. „Erschienen sie plötzlich auf der Bühne und fegten ihre älteren Reptilienrivalen einfach hinweg? Oder nahmen sie eine ruhigere, allmählichere Route zu ihrer Weltherrschaft?“, fasst Science-Autor Michael Balter die offenen Fragen zusammen.

Ein amerikanisch-argentinisches Forscherteam könnte jetzt eine Antwort gefunden haben – in Form eines kaum einen Meter kleinen Minisauriers. Bereits im Jahr 1999 hatten Paul Sereno von der Universität von Chicago und sein Kollege Ricardo Martinez von der argentinischen Nationaluniversität von San Juan im Ischigualasto Valley in Nordwest-Argentinien Ausgrabungen durchgeführt. Dabei entdeckten sie die fest im Gestein eingebetteten Überreste eines – wie sie glaubten – Eoraptor. Dieser rund einen Meter lange, auf zwei Beinen laufende Saurier gilt als ältester bekannter Vertreter der Dinosaurier. Er lebte vor rund 230 Millionen Jahren im späten Trias.

Schädel des Eodromaeus © Mike Hettwer / Science

Ur-Dinosaurier mit fortschrittlichen Merkmalen

Doch nachdem die Skelettteile von umgebenden Gestein befreit waren, entpuppten sie sich als etwas ganz anderes: Zwei unvollständige Skelette einer bis dato unbekannte Dinosaurierart. Die jetzt fertiggestellte Rekonstruktion des kompletten Skeletts enthüllt dass der neue, Eodromaeus murphi getaufte Dinosaurier, zwar genauso alt ist wie Eoraptor, aber bereits deutlich fortschrittlichere Merkmale besaß. Strukturen von Hüfte und Extremitäten, aber auch eine Öffnung im Schädel nahe der Schnauze, das so genannte promaxillare Fenster, stellen Eodromaeus an die Basis der Theropoden, der Gruppe, zu der alle späteren Raubdinosaurier gehörten.

Eoraptor als Dino-Urahn verdrängt?

Eoraptor dagegen, der bisher aus Urahn aller Dinos galt, scheint damit nun nur noch an der Basis der Sauropoden zu stehen, der Linie, die später die gigantischen langhalsigen Pflanzenfresser unter den Dinosauriern hervorbrachte. Ihm fehlen nicht nur die Theropoden-Merkmale, die Eodromaeus aufweist, er besitzt auch mehr Sauropodenmerkmale wie vergrößerte Nüstern und einen eingesetzten ersten Zahn im Unterkiefer.

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Nach Ansicht der Wissenschaftler spricht daher einiges dafür, dass die drei Hauptgruppen der Dinosaurier, die Vogelbeckensaurier (Ornithischia), die Theropoden und die Sauropodenartigen, im späten Trias zwar bereits ihre charakteristischen Nahrungsgewohnheiten und Lebensweise entwickelt hatten, aber Körperform und Bewegungsart noch weitgehend gemeinsam hatten. Denn sowohl Eoraptor als auch Eodromaeus liefen aufgerichtet auf ihren Hinterbeinen.

Der 230 Millionen Jahre alte Eodromaeus konnte der Urahn des T.rex gewesen sein. © Mike Hettwer

Allmählicher Zuwachs statt feindlicher Übernahme

Und auch eine Antwort auf die zweite große Frage – plötzlich oder allmähliche Dominanz – könnten die neuen Funde liefern. Denn die Fundstelle im Ischigualasto Valley belegt die Existenz einer reichen Arten- und Formenvielfalt der Reptilien vor 230 Millionen Jahren. Eodromaeus und andere frühe Dinosaurier machten damals offenbar rund elf Prozent der Wirbeltierpopulation in dieser Region aus. Bis ihr Anteil wuchs, sollte es noch einmal 30 Millionen Jahre dauern.

Nach Ansicht der Autoren deutet dies daraufhin, dass die Dinosaurier ihre Zeitgenossen nicht verdrängten, sondern stattdessen nach und nach ökologische Nischen besetzten, die andere Arten im Laufe der Zeit aufgaben oder leer gelassen hatten.

(Science / AAAS, 14.01.2011 – NPO)

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