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Technik

Schaufensterbummel wird interaktiv

Gesten holen Nahaufnahmen und Details zu Waren auf ein Display

Über das Schaufenster-Display können die Passantinnen sich über den Schal ihrer Wahl informieren und ihn auch gleich kaufen © Fraunhofer HHI

Der Einkaufsbummel könnte zukünftig zu einem ganz besonderen Erlebnis werden: Forscher haben eine Technologie entwickelt, mit der Passanten Schaufensterauslagen per Gesten manipulieren können. Vier Kameras erfassen die 3D-Positionen von Händen, Gesichtern und Augen und wandeln diese in Befehle um. Durch Zeigen können die Waren auf ein Display geholt, gedreht, gezoomt oder nach Detailinformationen abgefragt werden. Kaufen lassen sie sich ebenfalls – auch nach Ladenschluss.

Gebannt betrachtet die Passantin die Schaufensterauslage. „Ist die Ledertasche nicht schick?“, fragt sie ihren Begleiter. „Welche meinst du denn? Da stehen so viele.“ Die Frau deutet auf eine der Taschen. Wie von Zauberhand erscheint die Luxusware daraufhin auf einem Display hinter dem Schaufenster. Per Fingerzeig auf einen Button dreht sich das Designer-Objekt auf dem Bildschirm. „Aha, so sieht die Rückseite aus.“ Die Passantin ist beeindruckt. Mit einer weiteren Geste zoomt sie die Tasche heran. Jedes Detail ist jetzt genau erkennbar.

Ein neuartiges 3D-Kamerasystem des Fraunhofer-Instituts für Nachrichtentechnik, Heinrich-Hertz-Institut HHI in Berlin sorgt für dieses besondere Shoppingerlebnis. Das „Interactive Shop Window“ ermöglicht es, Waren hinter Schaufenstern mit einfachen Gesten auf ein Display zu holen. „Im Web ist das interaktive Shoppen seit langem Standard. Wir bringen die Technik jetzt in Fußgängerpassagen und Einkaufszentren. Das Gerät ist komplett hinter der Scheibe installierbar“, erklärt Paul Chojecki, Wissenschaftler am HHI.

Stereokameras erfassen Handpositionen und Gesicht

So funktioniert das System: Vier kleine Kameras erfassen kontinuierlich die 3D-Positionen von Händen, Gesichtern und Augen. Zwei der Stereokameras erfassen Gesicht und Augen, die anderen beiden nehmen die Handbewegungen auf. Die Bildbearbeitung erkennt sowohl Gesten wie das Drehen einer Hand als auch den Fingerzeig auf Buttons, die auf dem Monitor zu sehen sind. Sie berechnet die Koordinaten und wandelt sie in entsprechende Eingaben um. So lassen sich Waren auswählen, im Detail betrachten und sofort kaufen – auch außerhalb der Öffnungszeiten. Interessierte können sich zudem Produktinformationen wie Herstellerangaben, Farbe, Material, Preis und Verfügbarkeit anzeigen lassen.

„Vergleichbares gibt es in Deutschland bislang nicht. Bis dato werden in Schaufenstern – wenn überhaupt – nur Touchscreens eingesetzt. Mit unserem „Interactive Shop Window“ kann man jedoch berührungslos interagieren. Ein Plus für alle, die Wert auf Hygiene legen“, so Chojecki. „Das System speichert keine personenspezifischen Daten, lediglich die Koordinaten der erkannten Körperteile werden an die Visualisierungsanwendung weitergereicht“, betont der Forscher.

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Berührungsloses Stöbern im Angebot

„Interactive Shop Window“ ist zu allen Displays kompatibel. Der Ladeninhaber ist daher frei in der Wahl des Monitors, er kann sich für Plasma-, LED-, LCD-, Projektions- oder Rückprojektionsbildschirm entscheiden. Auch die Größe des Monitors ist beliebig. Zudem lässt sich das System mit vorhandener Software wie einem Content-Management- oder einem Warenwirtschaftssystem verknüpfen. Auf diese Weise können Ladenbesitzer ihren kompletten Warenbestand auf dem Display abbilden. Wie der Eigentümer den Bezahlvorgang gestaltet, ist ihm ebenfalls überlassen.

Doch das „Interactive Shop Window“ bietet noch weitere Vorteile: Es erkennt nicht nur, wie viele Personen vor dem Schaufenster stehen, sondern stellt auch auf Basis der gesammelten Daten fest, für welche Produkte und Informationen sich die Passanten besonders interessieren. Durch individuelle Begrüßungstexte auf dem Display lässt sich darüber hinaus eine enge Kundenbindung aufbauen. Entwickelt wurde das System für den Einsatz in Einkaufszentren und im Einzelhandel. Denkbar ist laut Chojecki aber auch die Installation in Museen oder auf Messen. Derzeit liegt das 3D-Erfassungssystem als Prototyp vor.

(Fraunhofer Gesellschaft, 07.01.2011 – NPO)

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