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Genetik

Genmutation schuf historischen „Riesen“

DNA aus dem 18. Jahrhundert enthüllt genetische Ursache der Akromegalie

Palaögenetische Forschung © Joachim Burger

Ein internationales Forscherteam hat die DNA eines „Riesen“ aus dem 18. Jahrhundert sequenziert und daraus die genetische Ursache für die Akromegalie – auch bekannt als „Riesenwachstum“ – isoliert. Die identifizierte genetische Mutation kommt auch heute noch vor, kann jetzt aber erkannt werden, bevor der Riesenwuchs bei den Betroffenen einsetzt. Damit verbessern die jetzt im „New England Journal of Medicine“ veröffentlichten Erkenntnisse die Therapie der Akromegalie bedeutend.

Der sogenannte „Gigantismus“ wird meist durch einen Tumor der Hypophyse (Hirnanhangsdrüse) verursacht. Die Hypophyse selbst ist ein Organ, das verschiedene Hormone produziert, die wiederum unterschiedlichste Funktionen wahrnehmen, so zum Beispiel die Regulation von Wachstum. Tumore der Hypophyse können neben einem unkontrollierten Wachstum außerdem zu einer Reihe von Symptomen wie unregelmäßigen Gesichtsformen, Kopfschmerzen, Sehstörungen, degenerativen Gelenkerkrankungen oder verminderter Glucosetoleranz führen.

Márta Korbonits, Professor an der Barts and the London School of Medicine and Dentistry, untersuchte zunächst das Gen AIP, das bereits seit dem Jahr 2006 als Verursacher von Hypophysetumoren bekannt ist, und stellte eine bestimmte Mutation fest, die familiär gehäuft in irischen Patienten mit Akromegalie vorkam.

DNA des „Irischen Giganten“ sequenziert

Daraufhin untersuchten Professor Joachim Burger und Martina Unterländer vom Institut für Anthropologie der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, international führende Experten auf dem Gebiet der Paläogenetik, die DNA eines Skeletts eines an Akromegalie leidenden Patienten aus dem 18.Jahrhundert, dessen Überreste im Hunterian Museum in London aufbewahrt sind. Das Forscherteam stellte die identische Mutation wie in lebenden Patienten fest.

Mutation identifiziert

Die weitere Analyse von DNA-Abschnitten in der Nähe dieses Gens bedingte die Schlussfolgerung, dass der sogenannte „Irische Gigant“ aus dem Hunterian Museum diese Mutation von demselben Vorfahren geerbt hatte wie eine Reihe von Familien in Irland, die heute an der Erbkrankheit leiden. Die daraufhin angestellten komplexen biostatischen Berechnungen ergaben, dass die ursprüngliche Mutation vor ungefähr 1.500 Jahren erfolgte und seitdem von Generation zu Generation weitergegeben wird. Ungefähr 200 bis 300 Personen müssten die Mutation heute noch in sich tragen.

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Früherkennung jetzt besser möglich

„Aufgrund der alten DNA aus dem Skelett konnte die Theorie des Zusammenhangs zwischen der Mutation und dieser Erkrankung, die in der Vergangenheit so häufig in einer Tragödie endete, erst solide begründet werden“, erklärt Burger und ergänzt: „Die biomathematischen Berechnungen konnten sogar die Historie der Krankheit recht genau nachvollziehen.“ „Der wichtigste klinische Aspekt hierbei ist, dass wir Träger der Genmutante identifizieren und behandeln können, noch bevor sie zu ‚Giganten‘ werden“, so Márta Korbonits, die Leiterin der Studie.

„Der Nutzen der Studie besteht darin, dass wir nun einen genetischen Bluttest zur Verfügung haben, den Familien mit Risikopotenzial nutzen können, um die Krankheit frühzeitig zu detektieren und übermäßiges Wachstum zu verhindern“, erklärt Professor Patrick Morrison, Co-Autor der Studie von der Queens University Belfast.

(Universität Mainz, 06.01.2011 – NPO)

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