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Technik

Olympiade als Forschungsobjekt

Speer, Himmelsauge und Marmorstaub für die Spiele

Weltweit fiebern rund 11.000 Sportlerinnen und Sportlern den XXVIII. Olympischen Spielen in Athen entgegen. Bei den Veranstaltern laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren. Doch auch Wissenschaftler sind beteiligt: Forscher der Fraunhofer Gesellschaft tragen mit vier Projekten zum Gelingen der Olympiade bei.

Speer mit Bordelektronik

Nach einer kurzen Konzentrationsphase nehmen Speerwerfer mit tänzelnden und springenden Schritten Anlauf. Sie drehen den Oberkörper nach hinten, holen weit aus und reißen innerhalb von Sekundenbruchteilen Arm und Speer nach vorn. Profis werfen die rund 800 Gramm schweren Wettkampfspeere 98 Meter weit. Erfahrene Trainer erkennen auf einen Blick, wie sich der Bewegungsablauf verbessern lässt.

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Zunehmend werden auch hier Messgeräte eingesetzt, die mehr Objektivität garantieren sollen. Bisher sah die Realität anders aus. Kabel und schwere Sensoren verfälschten das Urteil. Abhilfe kam aus dem Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung IFF. Die Wissenschaftler haben zusammen mit Experten vom Olympiastützpunkt Magdeburg-Halle einen Speer mit Bordelektronik entwickelt. Die gesamte Messelektronik – Beschleunigungssensoren und Mikroprozessoren – wiegen zusammen nur 75 Gramm. Damit ist das intelligente Werkzeug nur wenig schwerer als ein normaler Speer und kann wie gewohnt geworfen werden.

Während der Anlauf- und Abwurfphase misst die Elektronik 500-mal pro Sekunde die Beschleunigung und speichert die Daten auf einem Mikrochip. Über einen Magnetadapter werden die Werte auf einen Laptop überspielt. Anhand der graphischen Beschleunigungs- und Geschwindigkeitskurve erkennen Trainer und Sportler sofort, wie gut der Wurf gelungen ist und können Verbesserungen besprechen. Die Speerwerfer testen mit dem Speer zunächst ihren Leistungsstand und verbessern im Training ihre Wurftechnik. Auch die deutschen Leichtathleten trainieren mit dem intelligenten Werkzeug für Olympia. Besonders gern nutzen die Trainer den Speer mit Bordelektronik bei der Talentsuche. Schon beim Anfänger lässt sich anhand der Kurve das künftige Potenzial erkennen.

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Sicherheit durch Himmelsauge

Wissenschaftler aus dem Fraunhofer-Institut für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik IPK in Berlin wollen mit dem EU-Projekt „Eye in the Sky“, dem Himmelsauge, dafür sorgen, dass der allseits gefürchtete Verkehrsinfarkt auf Athens Straßen bestmöglich verhindert wird.

„Während der Olympiade wird eine kleine Fahrzeugflotte mit FCD-(Floating-Car-Data)-Endgeräten ausgestattet. Die hier erhobenen Verkehrsdaten laufen in Athen in einer FCD-Zentrale zusammen“, erklärt IPK-Projektleiter Werner Schönewolf das Prinzip der dynamischen Verkehrserfassung. Dazu ermittelt ein Erfassungsgerät per GPS das Bewegungsprofil des Fahrzeugs auf der Strecke und vergleicht dies im Fahrzeug mit streckentypischen Erwartungswerten. Die so ermittelten Verkehrszustände werden per GSM-SMS oder auch GPRS automatisch und anonym an die Zentrale übermittelt.

„Mit wenigen Fahrzeugen erreichen wir so eine gute Netzabdeckung der Straßen mit wichtigen Verkehrsinformationen, die nie älter als 30 Minuten sind“, erklärt Schönewolf. Videobilder aus einem Hubschrauber mit fest installierter Spezialkamera des DLR ergänzen die Informationen aus dem direkten Umfeld der Stadien und von speziell ausgewählten Protokollstrecken. Gleichzeitig können sie den Sicherheits- und Rettungskräften bei Sondereinsätzen zur besseren Koordinierung dienen. Die dynamische Verkehrsüberwachung bietet den Vorteil, dass sie gleichzeitig zum Flottenmanagement genutzt werden kann. Ist die Hauptroute verstopft, schlägt das System dem Fahrer auf der Grundlage der im Erfassungsgerät gespeicherten digitalen Karte eine Alternativroute vor. Dasselbe gilt auch für Transportunternehmer, die FCD-Technik nutzen. Auch sie sparen damit Nerven, Zeit und Geld.

Ein wichtiger Vorteil der neuen Technik: Nicht nur Verkehrsleitzentrale und offizielle Veranstaltungsfahrzeuge werden mit aktuellen Verkehrsinformationen versorgt, sondern auch alle Besucher, die ihren Weg zu oder von den Veranstaltungsstätten im Großraum von Athen besser planen wollen. Aufbereitet für kleine Taschencomputer, PDAs (Personal Digital Assistant), steht im Internet die aktuelle Verkehrslage in Form einer detaillierten digitalen Straßenkarte bereit, auf der Verkehrsstörungen im Streckennetz rot eingefärbt dargestellt sind. Neben aktuellen Verkehrsinformationen enthält die Karte des tragbaren Reiseassistenten alle wesentlichen Sehenswürdigkeiten sowie Metrostationen und Bahnhöfe.

Aus Staub geboren

Original oder Replik? Diese Frage werden sich auch die Gäste der Olympischen Spiele bei einem Besuch der antiken Stätten stellen. Schließlich werden mehr und mehr Originale durch Kopien ersetzt, um die wertvollen Kunstwerke vor Umwelteinflüssen oder Vandalismus zu schützen,

Wissenschaftler aus dem Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung IFAM in Bremen haben zusammen mit europäischen Kollegen im EU-Projekt ECOMARBLE ein neues Verfahren entwickelt, in dem antike Skulpturen durch täuschend echte Nachbildungen aus Marmorstaub ersetzt werden. „Beim Abbau der vor allem für Bauwerke und Bildhauerei gefragten Marmorblöcke werden jährlich Tonnen von Staub freigesetzt. Wir wollten diese Ressourcen nicht ungenutzt lassen“, erklärt Dirk Hennigs vom IFAM die Ausgangsbasis für ECOMARBLE.

Getestet wurde das Verfahren am Kopf der Hygeia, in der griechischen Mythologie die Göttin der Gesundheit. Ein transportables Gerät erfasste Konturen und Maße des Kopfes und erstellte anschließend ein dreidimensionales Computermodell des Originals. „Mithilfe des Modells und dem Rapid-Prototyping-Verfahren 3-D-Printing nach ProMetal können wir den Kopf dreidimensional Schicht für Schicht ausdrucken. Das ist europaweit einzigartig“, sagt Hennigs. Eine Frage war dabei, die richtige Mischung aus Marmorstaub und Binder zu finden. Unter Vakuum wird der frisch gedruckte Kopf anschließend mit Binder nachbehandelt und kann dann bereits nach einem halben Tag Trockenzeit geschliffen und poliert werden.

Die neue Technik bietet gleichzeitig die Möglichkeit, handliche Souvenirs schnell und kostengünstig im Pulver-Spritzguß-Verfahren in Serie gießen zu lassen. Die Firma Geoanalysis setzte die neue Technik mit Fraunhofer-Unterstützung in Griechenland um. Jeder der in diesem Sommer ein Andenken der Akropolis oder des Olympiastadions mitnimmt, könnte ein marmorstaubgeborenes Objekt im Koffer haben.

(Fraunhofer Gesellschaft, 28.07.2004 – NPO)

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