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Geowissen

Israel: Feuerkatastrophe nur ein Vorgeschmack?

Waldbrand bestätigt alte Studie zu den Auswirkungen des Klimawandels im Mittelmeerraum

Feuer an der Stadtgrenze von Haifa © Ram Eisenberg / CC by-sa 3.0

Die Feuerkatastrophe im Karmel-Gebirge bei Haifa mit 42 Toten ist vermutlich nur ein Vorgeschmack auf die Zukunft. Dies hat jetzt ein israelischer Wissenschaftler betont. Der verheerende Waldbrand bestätigt erstmals in dramatischer Weise die erwarteten Auswirkungen des Klimawandels in Israel, die der Forscher schon vor zehn Jahren zusammen mit einigen Kollegen in einer Studie prognostiziert hatte.

Klimaszenarien erwarten für das Jahr 2100 in Israel eine Erhöhung der Mitteltemperatur um mindestens 1,5 Grad Celsius, einen Rückgang der Niederschläge und ein Ansteigen der Verdunstung. Verspätete Winterniederschläge würden das Risiko von Waldbränden erhöhen, warnten die Forscher um Guy Pe’er bereits 2000.

Die Häufigkeit, die Intensität und das Ausmaß der Brände würden durch den trockenen Boden, stärkere Verdunstung sowie häufigere und intensivere Hitzeperioden zunehmen, so der „Israel’s National Report on National Report“, den die Ben-Gurion-Universität des Negevs damals im Auftrag des israelischen Umweltministeriums erstellt hatte.

Bei einer Erwärmung von 1,5 Grad, die inzwischen als ein vergleichsweise konservatives Szenario gilt, rechnen die Forscher damit, dass sich die Wüste im Nahen Osten um 300 bis 500 Kilometer nach Norden ausdehnt. © André Kuenzelmann / UFZ

Wüste wächst weiter

Bei einer Erwärmung von 1,5 Grad, die inzwischen als ein vergleichsweise konservatives Szenario gilt, rechnen die Forscher damit, dass sich die Wüste im Nahen Osten um 300 bis 500 Kilometer nach Norden ausdehnt. Die typischen mediterranen Ökosysteme würden damit aus Israel verschwinden. Den Waldbränden im Karmel-Gebirge im Norden Israels war eine Hitzeperiode mit Temperaturen um 30 Grad Celsius und acht Monate Trockenheit vorausgegangen. Im Durchschnitt beträgt die Temperatur um diese Jahreszeit hier jedoch nur etwa 20 Grad, und der erste Regen fällt gewöhnlich zwischen September und Oktober.

Das Karmel-Gebirge erhebt sich im Norden Israels bis zu 546 Metern über dem Mittelmeer. Aufgrund der verhältnismäßig hohen Niederschläge und niedriger Bevölkerungsdichte gedeiht dort eine üppige Vegetation. Deshalb wurden große Teile zum Nationalpark erklärt und unter Schutz gestellt. 1989 erlebte Guy Pe’er, der zurzeit am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) arbeitet, wie drei Waldbrände große Teile des Karmel-Gebirges am Rande seiner Heimatstadt Haifa zerstörten.

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Das Karmel-Gebirge bei Haifa ist ein beliebtes Ausflugziel in Israel. Blick von einer Hotelanlage über die Wälder Richtung Mittelmeer. Das Foto entstand am Morgen des 30. November 2010 kurz vor Ausbruch des verheerendes Großbrandes. Auch das Hotel fiel den Flammen zum Opfer. © Tal Gluzman

42 Tote und 5.000 Hektar zerstörtes Land

„Ich habe damals zwölf Monate lang die Rückkehr der Pflanzen untersucht und 15 Monate die Wiederansiedlung des Mesopotamischen Damhirschs begleitet. Dabei habe ich gelernt, dass Feuer etwas Natürliches sind und die Natur sich wieder erholen kann, wenn sie nicht wiederholt gestört wird“, berichtet Pe’er. Geschockt ist der Ökologe aber über das Ausmaß, das die Wandbrände inzwischen angenommen haben. Der Großbrand jetzt verwüstete eine Fläche, die zehnmal größer ist als der größte Brand 1989.

Bei den bisher schlimmsten Waldbränden in der Geschichte Israels starben in den vergangenen Tagen 42 Menschen und 250 Häuser brannten nieder. Insgesamt wurden 5.000 Hektar Land im Karmel-Gebirge bei Haifa verwüstet – darunter auch der größte Kiefernwald Israels. Die Schäden werden auf über 55 Millionen Euro geschätzt. In Israel wird seitdem heftig über die Feuerwehr diskutiert.

Konsumverhalten der Menschen Hauptursache

Pe’er sieht die Hauptursachen aber nicht in Fehlern der Feuerwehr, sondern im Konsumverhalten der Menschen, das zur weiteren Erwärmung der Atmosphäre führt: „Wir müssen etwas dagegen tun. Es geht um unseren Konsum, um unsere Gesellschaft und Gewohnheiten. Wir konsumieren mehr als wir sollten und riskieren so unsere eigene Zukunft. Können wir uns wie verantwortliche Menschen verhalten und unsere Gewohnheiten ändern?“

Aus Sicht des israelischen Wissenschaftlers ist die internationale Politik gefordert, auf der UN-Klimakonferenz in Cancun Beschlüsse zu fassen, die die Erwärmung der Atmosphäre bremsen. Denn der Klimawandel ist keine Fiktion. Die Israelis haben in diesen Tagen einen Ausblick bekommen, was die kommenden Generationen erwartet, so der Forscher.

(Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ, 09.12.2010 – DLO)

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