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Ökologie

Rätsel um Flamingosterben in Ostafrika gelöst

Forscher enthüllen Nahrungsmangel und Gifte als Ursache für massenhafte Tierverluste an den Sodaseen

Zwergflamingos am Bogoriasee. Das Wasser ist grün gefärbt von Cyanobakterien- und Algenpopulationen unterschiedlicher Nahrungsqualität. © L. Krienitz

Seit 15 Jahren kommt es immer wieder zu rätselhaften Massensterben von Zwergflamingos an den ostafrikanischen Sodaseen. So wie 2006 und 2008 als jeweils über 30.000 Tiere an den weltberühmten Seen Nakuru und Bogoria in Kenia verendeten. Nun haben Forscher endlich die Erklärung für das Phänomen gefunden. Danach spielen Nahrungsmangel und mit dem Futter aufgenommene Gifte eine Schlüsselrolle beim Tod der Vögel.

Die Wissenschaftler des Leibniz-Institutes für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) stellen die Ergebnisse ihrer neuen Studie jetzt in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift „Journal of Phycology“ vor.

Nahrung der Zwergflamingos unter der Lupe

Die Biologen untersuchten darin von 2001 bis 2010 in den kenianischen Sodaseen Nakuru, Bogoria und Oloidien die Zusammensetzung des Phytoplanktons – die Nahrung der Zwergflamingos (Phoeniconaias minor). Die Tiere sind Spezialisten und ernähren sich im Wesentlichen vom Cyanobakterium Arthrospira, das normalerweise in Massen im Plankton der Sodaseen wächst. Diese Blaualge kommt auch unter dem Namen Spirulina als gesundheitsförderndes Nahrungsergänzungsmittel für Menschen auf den Markt.

Alternativ kann der Zwergflamingo auch von Kieselalgen leben, die er aus dem Schlamm der Seen filtert. Diese Kieselalgen wachsen jedoch deutlich langsamer und haben einen geringeren Nährwert für die Zwergflamingos. Der Schnabel des Zwergflamingos gleicht den Forschern zufolge einem hochspezialisierten Filterapparat mit fein gegliederten Lamellen, der perfekt an die Algennahrung angepasst ist. Damit ist der Zwergflamingo von der Größe der Nahrungspartikel wesentlich stärker abhängig als der Rosa Flamingo, der größere, gröbere Filterlamellen besitzt.

Dichte Populationen von Arthrospira fusiformis findet man in den ostafrikanischen Sodaseen seltener. © L. Krienitz

Wachstum von Arthrospira gestört

Doch das Wachstum der Grundnahrungsalge Arthrospira in den Sodaseen wird nach Angaben der Wissenschaftler immer öfter gestört: Die winzige, schnellwüchsige Grünalge Picocystis konkurriert mit Arthrospira und kann dieses über mehrere Wochen oder Monate im Plankton unterdrücken, so die Ergebnisse der Forscher. Picocystis ist viel zu klein, um von den Lamellen im Schnabel der Flamingos aufgenommen zu werden: Die Zwergflamingos hungern.

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Schleimige Klumpen und Nervengifte

In den Jahren 2006 und 2008 beobachtete das Team von Lothar Krienitz zudem ein besonders hohes Vorkommen von Cyanobakterien der Gattung Anabaenopsis. Diese können große, schleimige und klumpige Kolonien bilden, die die feinen Lamellen im Schnabel verstopfen, so dass die Flamingos bei der Nahrungsaufnahme behindert werden.

Außerdem bilden einige der Stämme von Anabaenopsis Toxine, wie beispielsweise die Lebergifte der Gruppe der Microcystine und das Nervengift Anatoxin-a, die laut den Wissenschaftlern ebenfalls zur Schwächung der Vögel beitragen können. Geschwächte Tiere sind dann viel empfindlicher gegenüber Krankheitserregern, beispielsweise gegenüber Mycobacterium avium das die Tuberkulose hervorruft.

Ursachen für Plankton-Variationen unklar

Die Ursachen der Veränderungen in der Zusammensetzung des Planktons sind, so die Forscher, komplex und noch nicht vollständig erforscht. Wesentlichen Anteil haben wahrscheinlich Veränderungen in den Einzugsgebieten der Seen, die mit Entwaldung und verstärkter Bodenerosion einhergehen.

(Forschungsverbund Berlin, 07.12.2010 – DLO)

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