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Geowissen

Kontinentaldrift ja – aber wie?

Expedition soll tektonische Phänomene vor Afrika erkunden

Walvis-Ridge vor Namibia © NOAA

Die tektonischen Platten Erde sind in ständiger Bewegung, das ist seit 50 Jahren bekannt. Trotzdem geben viele dabei wirkende Prozesse den Geologen noch immer Rätsel auf. Heute bricht das Forschungsschiff „Maria S. Merian“ zu einer Expedition in den Südatlantik auf, die grundsätzliche Fragen zur Kontinentaldrift beantworten soll. Ziel ist ein unterseeischer Gebirgsrücken, der beim Auseinanderbrechen des Urkontinents Gondwana entstand.

Jahrtausende lang glaubten die Menschen, die Erde habe eine feste Form. Als Alfred Wegener 1915 sein Buch „Die Entstehung der Kontinente und Ozeane“ veröffentlichte, glaubte ihm die Fachwelt zunächst kein Wort. Erst in den 1960er Jahren setzte sich bei Geologen langsam die Erkenntnis durch, dass die Erdoberfläche tatsächlich nicht starr und fest, sondern in Platten unterteilt und beweglich ist. Heute umschreibt man dieses Phänomen mit dem Begriff Plattentektonik. Aber auch wenn sie mittlerweile zur Allgemeinbildung gehört, versteht die Forschung bei weitem nicht alle Prozesse, die ihr zugrunde liegen.

Einige Fragen soll eine Expedition Kieler Meeresgeologen mit dem deutschen Forschungsschiff „Maria S. Merian“ beantworten, die am 24. November von den Kapverdischen Inseln Richtung Südost-Atlantik startet. Ziel ist der sogenannte Walfischrücken vor der Küste Namibias. „Wir wissen immer noch zu wenig über das, was sich im Erdmantel abspielt“, erklärt der wissenschaftliche Fahrtleiter Professor Jan Behrmann vom Leibniz-Institut für Meereswissenschaften (IFM-GEOMAR), „und wir wollen den Planeten, auf dem wir leben, einfach besser verstehen“.

Zerbrechen von Gondwana ließ „Walfischrücken“ entstehen

Der Walfischrücken ist ein untermeerischer Gebirgszug, der sich von der nordnamibischen Skelettküste über 3.000 Kilometer weit Richtung Südwesten bis zur Inselgruppe Tristan da Cunha mitten im Südatlantik erstreckt. Vom teilweise 5.000 Meter tiefen Meeresboden erhebt sich das Gebirge bis zu 200 Meter unter der Wasseroberfläche. Seine Entstehung geht auf das Auseinanderbrechen des Großkontinents Gondwana zu Beginn der Kreidezeit vor rund 130 Millionen Jahren zurück. Seitdem entfernen sich die Bruchstücke Südamerika und Afrika immer weiter voneinander – aktuell mit etwa vier bis fünf Zentimetern pro Jahr. Der Atlantik wird also immer breiter, der Walfischrücken immer länger.

Ein Gebirgsrücken – zwei Theorien

Zur Entstehung dieser gewaltigen Gebirgskette gibt es allerdings zwei verschiedene Theorien. Eine Theorie geht von einem örtlich begrenzten Vulkanismus unter den Tristan da Cunha-Inseln aus. Hier würden demnach immer neue Vulkankegel gebildet, die mit der Kontinentaldrift nach Nordosten transportiert werden, erkalten und so die Gebirgskette bilden. Die zweite Theorie besagt, dass entlang des gesamten Walfischrückens vulkanische Aktivitäten die afrikanische Erdplatte schwächen und durch immer neue Brüche und Verschiebungen schließlich das Gebirge aufgetürmt wird.

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Mit Hilfe modernster geophysikalischer Messmethoden werden die Geologen und Geophysiker den Walfischrücken untersuchen. „Speziell dort die Vorgänge im oberen Erdmantel besser zu verstehen wäre interessant, weil wir dort modellhaft auch die Prozesse beim Auseinanderdriften zweier Kontinente beobachten können“, erklärt Behrmann. Sie setzen unter anderem Ozeanbodenseismometer (OBS) ein, die feinste Schwingungen am Meeresboden messen können.

Messnetze im Meer und an Land

Gleichzeitig mit den Vermessungen am Meeresboden ist an Land im Norden von Namibia ein großes Mess-Netz von Seismometern aufgebaut worden. Schallwellen werden in den Meeresboden und von Kollegen an Land gleichzeitig in den Kontinentalboden geschickt, von unterschiedlichen Gesteinsschichten verschieden gebrochen und reflektiert und schließlich von den OBS beziehungsweise den Seismometern an Land wieder aufgezeichnet. Andere Instrumente lassen über elektromagnetische Messungen Rückschlüsse auf die Beschaffenheit der Erdkruste und des darunter liegenden Erdmantels zu.

Der erste Fahrtabschnitt unter Leitung von Behrmann dauert fünf Wochen. Am 29. Dezember steigen die Wissenschaftler in Walvis-Bay (Namibia) wieder aus. Die Arbeit führt dann ein zweites Team unter der Fahrleitung von Wilfried Jokat vom Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung in Bremerhaven vom 1. bis 27. Januar 2011 fort. Da der erste Fahrtabschnitt auch Weihnachten umfasst, hat die Besatzung der MARIA S. MERIAN vorgesorgt: „Der Weihnachtsbaum ist schon an Bord“, bestätigte Behrmann kurz vor dem Auslaufen aus Mindelo.

(Leibniz-Institut für Meereswissenschaften, Kiel, 24.11.2010 – NPO)

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