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Astronomie

Erdzwilling um jeden vierten sonnenähnlichen Stern

Exoplaneten von der Masse der Erde weitaus häufiger als bisher angenommen

Die Größenverteilung der 166 beobachteten Exoplaneten zeigt einen klaren Trend: Je kleiner desto häufiger. © NASA / JPL-Caltech /UC Berkeley

Um jeden vierten sonnenähnlichen Stern in der Milchstraße könnten Planeten von der Größe der Erde kreisen. Astronomen berichten jetzt in „Science“, dass kleinere Planeten in unserer Galaxie weitaus häufiger vertreten sind als große. Entgegen bisherigen Annahmen sind sie dabei sogar in der bisher als „Wüste“ geltenden Zone in Sternennähe zahlreich vertreten. Die neue Schätzung basiert auf einer fünfjährigen Studie an 166 sonnenähnlichen Sternen mit Planeten unterschiedlicher Größe.

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Zwar sind bisher fast 500 extrasolare Planeten bekannt, von diesen gehören aber die meisten zu den so genannten Gasriesen – Planeten von der Größe des Jupiter und Saturn. Erdähnliche und damit auch etwa erdgroße Exoplaneten sind darunter bisher kaum vertreten – auch, weil die technischen Möglichkeiten für ihre Entdeckung noch nicht ausreichen. Wie viele solcher „Erdzwillinge“ es geben könnte, war daher bisher weitestgehend unbekannt.

„Größenappell“ für Exoplaneten

Jetzt jedoch haben Astronomen der NASA und der Universität von Kalifornien in Berkeley erstmals eine umfassende Bestandsaufnahme der Verteilung der Planetengröße in unserer Galaxie durchgeführt. Sie erlaubt auch Rückschlüsse darauf, wie viele erdgroße Planeten es in unserer kosmischen Nachbarschaft geben könnte.

Andrew Howard und sein Team von Planetenjägern von der Universität von Kalifornien in Berkeley nutzten die Teleskope des W.M. Keck Observatory auf Hawaii, um Exoplaneten in einem Umkreis von rund 80 Lichtjahren um die Erde aufzuspüren. Identifiziert wurden sie durch winzige Schwankungen in der Bewegung der Zentralsterne. Nach fünf Jahren hatten sie 166 sonnenähnliche Sterne identifiziert, um die Exoplaneten in Größen von drei bis zu tausend Erdmassen kreisten. Alle entdeckten Planeten bewegten sich auf Bahnen sehr nahe an ihren Zentralsternen, da diese mit der Methode der Radialgeschwindigkeit besser nachweisbar sind.

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Je kleiner, desto häufiger

Im nächsten Schritt teilten die Astronomen die entdeckten Planeten in fünf Größenklassen ein und ermittelten, wie häufig jede Klasse vertreten war. Dabei zeigte sich ein klarer und überraschender Trend: Je kleiner die Planeten waren, desto häufiger waren sie auch. „Wir untersuchten Planeten vieler verschiedener Massen – das ist ähnlich wie das Zählen von Brocken, Steinen und Kieseln in einem Canyon – und fanden dabei mehr Steine als Brocken und mehr Kieselchen als Steine“, erklärt Howard, Hauptautor der Studie.

Nur 1,6 Prozent der Exoplaneten waren Gasriesen wie Jupiter oder Saturn, 6,5 Prozent entfielen auf Planeten von der zehn bis 30-fachen Erdmasse. Aber immerhin 11,8 Prozent waren so genannte „Super-Erden“ – Exoplaneten von nur der drei- bis zehnfachen Erdgröße. Noch kleinere Planeten lassen sich mit der eingesetzten Methode nicht nachweisen, so dass die Forscher deren Häufigkeit auf Basis der anderen Daten schätzen mussten. Aus der Tatsache, dass die Planeten mit sinkender Masse immer häufiger wurden schlossen sie jedoch, dass sich dieser Trend auch für die Liga der erdgroßen Himmelskörper fortsetzen muss.

23 Prozent „Erdzwillinge“

„Die erdgroßen Planeten können unsere erdbasierten Technologien nicht sehen, aber wir können ihre Anzahl schätzen“, so Howard. „Erdgroße Planeten sind in unserer Galaxie wie Sandkörner auf einem Strand – sie sind überall.“ Mindestens 23 Prozent, so die Schätzung der Astronomen, könnten die „Erdzwillinge“ bei sonnenähnlichen Sternen ausmachen – und dies allein schon unter den Planeten, die ihre Sterne in der heißen Zone, dem Bereich von weniger als einem Viertel des Abstand Sonne-Erde umkreisen.

„Dies ist die Frucht von Jahren der Planetenjagd“, erklärt Geoff Marcy von der Universität von Kalifornien. „Die Daten verraten uns, dass unsere Galaxie mit ihren rund 200 Milliarden Sternen mindestens 46 Milliarden erdgroße Planeten umfassen muss. Und da sind die erdgroßen Planeten, die ihre Sterne weiter entfernt, beispielsweise in der habitablen Zone, haben noch nicht mit einbezogen.“

„Wüste“ in der heißen Zone widerlegt

Und genau dies ist das Überraschende der Studie: Denn nach gängiger Lehrmeinung sollte gerade die heiße Zone in der unmittelbaren Nähe der Sterne eine „Wüste“ für kleinere Planeten sein. Bisherige Modelle prognostizieren ein starkes Absinken in der Anzahl der Exoplaneten von mehr als 30 Erdmassen. Ursache dafür sei die Entstehung der meisten Planeten in den kühleren Außenbereichen der Planetensysteme. Nur die großen Gasriesen, so die Theorie, könnten dann nachträglich in die heiße Zone einwandern.

Doch die aktuellen Ergebnisse der „Planetenzählung“ deuten nun auf das genaue Gegenteil hin: Statt sie zu meiden, scheinen sich in der heißen Zone die kleineren Planeten geradezu zu tummeln. Nach Ansicht von Howard und seinen Kollegen ist dies auch durchaus logisch erklärbar: „Während der Planetenbildung verbinden sich kleinere Körper ähnlich Asteroiden und Kometen und wachsen allmählich bis zur Erdgröße und darüber hinaus“, so Howard. „Aber nicht alle Planeten werden groß genug um zu Riesenplaneten wie Jupiter und Saturn zu werden. Es ist normal, dass bei diesem Prozess viele der Bausteine der kleineren Planeten übrig bleiben.“

In jedem Fall zeigt die neue Studie, wie viele Lücken unser Wissen und unsere Annahmen über die Entstehung von Planetensystemen noch aufweisen. Weitere Informationen dazu könnte schon in den nächsten Jahren das NASA-Weltraumteleskop Kepler liefern, das speziell für die Suche nach erdähnlichen Exoplaneten konzipiert ist und seit 2009 um die Sonne kreist.

(NASA, 29.10.2010 – NPO)

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