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Botanik

Photosynthese: Enzym-Sandwich bei Dunkelheit

Wie sich die Photosynthese dem Tageslicht anpasst

Die Photosynthese ist der wichtigste Prozess für das Leben auf der Erde. Energie aus der Sonnenstrahlung wird dabei in Zucker und andere Nährstoffe umgewandelt und CO2 verbraucht. Ein Münchener Forscherteam hat nun gezeigt, wie die Wechselwirkungen bestimmter Proteine den Pflanzen helfen, Photosynthese und CO2-Fixierung abhängig von der Lichtintensität zu koordinieren.

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„Damit können die Pflanzen flexibel auf helles Sonnenlicht, Schatten oder Dunkelheit reagieren“, sagt die Biologin Bettina Bölter von der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München, die zusammen mit Professor Michael Groll von der Technischen Universität (TU) München für die neue Studie verantwortlich war.

„Für sich genommen, führt dieses Ergebnis nicht zu einer Anwendung. Es ist aber ein weiterer Baustein im Verständnis der komplexen photosynthetischen Prozesse und könnte letztlich dazu beitragen, Kulturpflanzen mit höherer Photosyntheseleistung zu produzieren.“

FNR zentrales Enzym der Photosynthese

Die Photosynthese der Pflanzen findet in abgegrenzten zellulären Organellen statt, den Chloroplasten. Viele der Reaktionen in den Chloroplasten hängen von dem Koenzym NADPH ab, das als Reduktionsmittel für die CO2-Fixierung dient.

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NADPH wird in grünen Pflanzen im Rahmen der Photosynthese im Stroma der Chloroplasten gebildet, wobei dieser Prozess vom Enzym FNR, kurz für Ferredoxin-NADP(H)-Oxidoreduktase, durchgeführt wird. „Weil NADPH so wichtig ist, ist FNR ein zentrales Enzym der Photosynthese“, sagt Bölter.

FNR tritt in Wechselwirkung mit Protein Tic62

In Zusammenarbeit mit Groll konnten die Biologin und ihr Team nun zeigen, wie FNR mit einem weiteren Protein in Wechselwirkung tritt und so die Anpassung von Photosynthese-Aktivität und Biomassesynthese in Abhängigkeit von der Lichtintensität reguliert. Der Interaktionspartner ist das Protein Tic62, das am Import von Proteinen in die Chloroplasten beteiligt ist und, wie bereits bekannt war, das frei vorliegende Enzym FNR an der Thylakoidmembran der Chloroplasten verankern kann.

„Wir konnten damit erstmals eine Verbindung zwischen zwei essenziellen Prozessen in den Pflanzenzellen strukturell charakterisieren: dem Transport von Proteinen in die Chloroplasten und der Photosynthese“, so Bölter.

Rücken an Rücken

Kristallografische Untersuchungen an der TU München zeigten zunächst, dass Tic62 zwei FNR-Enzyme so aneinander binden kann, dass sie gewissermaßen Rücken an Rücken liegen. Dabei bleiben jeweils die Vorderseiten für die enzymatische Reaktion frei. Sehr interessant ist dabei nach Angaben der Wissenschaftler die Abhängigkeit der Bindungsstärke von der Lichtintensität.

Bölter und ihre Mitarbeiter stellten fest, dass das FNR-Sandwich besonders stark gebunden ist, wenn der pH-Wert an den Thylakoiden niedrig ist, also ein saures Milieu vorherrscht. Das ist dann der Fall, wenn es dunkel ist. Die Umwandlung von Lichtenergie in chemische Energie lässt das Stroma dagegen alkalisch werden, was eine Herabsetzung der Bindungsstärke zur Folge hat.

Pflanzen passen sich an Lichtbedingungen an

„Wird bei wenig Sonnenlicht oder Dunkelheit kaum NADPH produziert, können die Pflanzen überschüssige FNR-Moleküle durch Bindung an die Thylakoidmembranen speichern“, erklärt Groll. Auf diese Weise können sich die Pflanzen an verschiedene Lichtbedingungen anpassen. „Möglicherweise ist die Bindung von FNR an die Thylakoidmembranen also ein eleganter Weg, das Enzym zu speichern, wenn es nicht aktiv ist“, vermutet Bölter.

Auch wenn keine unmittelbaren Anwendungen aus diesen Ergebnissen zu erwarten sind, tragen sie doch als ein Baustein zum besseren Verständnis der komplexen photosynthetischen Prozesse bei – was wiederum in Zukunft etwa zur Züchtung von Pflanzen mit höherer Photosyntheseleistung beitragen könnte.

(idw – Universität München, 27.10.2010 – DLO)

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