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Medizin

Medizin-Nobelpreis für künstliche Befruchtung

Der Brite Robert G. Edwards erhält Auszeichnung

"Nackte" Eizelle © ekem / RWJMS IVF Laboratory / gemeinfrei

Für die Entwicklung der Technik der künstlichen Befruchtung (In-vitro-Fertilisation) beim Menschen erhält der mittlerweile emeritierte britische Wissenschaftler Robert Geoffrey Edwards den diesjährigen Nobelpreis für Medizin und Physiologie. Seine Forschungsarbeit hat es Millionen unfruchtbaren Paaren ermöglicht, ein Wunschkind zu bekommen.

Beinahe jedes zehnte Paar weltweit ist kinderlos, ohne dass das gewollt ist. Schuld daran sind Probleme mit der Fruchtbarkeit, von denen beide Geschlechter gleichermaßen betroffen sein können. Während bei Frauen neben hormonellen Schwierigkeiten ein zu hohes Alter die häufigste Ursache ist, reicht bei vielen Männern meistens die Spermienqualität nicht aus, um ein Kind zeugen zu können.

Für viele der Betroffenen ist diese Situation nicht nur sehr enttäuschend, sondern sie kann sogar ein lebenslanges psychisches Trauma auslösen. Früher hatten Ärzte kaum Möglichkeiten, unfruchtbaren Paaren zu helfen. Heute sieht das ganz anders aus. Denn mittlerweile ist die künstliche Befruchtung – In-vitro Fertilisation (IVF) – längst eine etablierte Behandlungsmethode, wenn Spermien und Eizelle nicht im Körper zusammenfinden können.

Biologie der Fruchtbarkeit auf der Spur

Erdacht hat sich die IVF der britische Wissenschaftler Robert G. Edwards. Schon in den 1950er Jahren begann er mit seinen Forschungen zur Biologie der Fruchtbarkeit. Schnell erkannte er dabei, dass die Besamung außerhalb des Körpers eine sinnvolle Möglichkeit sein könnte, um kinderlosen Paaren bei ihrem Nachwuchsproblem zu helfen.

Zunächst musste Edwards jedoch klären, wie genau menschliche Eizellen reifen, und wie dieser Vorgang von den verschiedenen Hormonen reguliert wird. Er deckte aber auch auf, zu welchem Zeitpunkt die Eizellen empfänglich für das befruchtende Spermium sind. Darüber hinaus bestimmte Edwards die Bedingungen unter denen Spermien aktiviert werden und schließlich die Fähigkeit zur Besamung erlangen. Im Jahr 1969 war Edwards Arbeit schließlich von einem ersten Erfolg gekrönt. Es gelang ihm, eine menschliche Eizelle im Reagenzglas zu befruchten. Das Problem: Der mit der ersten Zellteilung entstandene Embryo entwickelte sich nicht weiter.

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Pionier auf dem Gebiet der Reproduktionsmedizin

Edwards, der Pionier auf dem Gebiet der Reproduktionsmedizin, vermutete, dass Eier, die in den Eierstöcken bereits gereift sind, sich besser für die Versuche eignen würden. Er tat sich deshalb mit dem Gynäkologen Patrick Steptoe zusammen, um die Technik der In-vitro Fertilisation zu perfektionieren. Während Steptoe die Eier aus den Eierstöcken von Frauen entnahm, kümmerte sich Edwards um die Kultivierung der Zellen und den Befruchtungsvorgang im Reagenzglas. Mit Erfolg: die besamten Eizellen teilten sich mehrmals und der Embryo entwickelte sich weiter bis zum 8-Zell-Stadium.

Ein Baby aus der Retorte

Nachdem Edwards und Steptoe mithilfe von Hormonanalysen auch noch den optimalen Zeitpunkt für eine Befruchtung ermittelt hatten, gelang die Sensation: Sie setzten im Jahr 1977 einen achtzelligen Embryo in die Gebärmutter ihrer Patientin Lesley Brown ein. Neun Monate später kam Louise Joy Brown per Kaiserschnitt zur Welt – das weltweit erste Retortenbaby.

Heute ist die IVF soweit perfektioniert, dass sie zu einer Routinebehandlung geworden ist. Rund 20 bis 30 Prozent aller außerhalb des Mutterleibes befruchteten Eier führen später zur Geburt eines Kindes. Weltweit leben heute fast vier Millionen Menschen, die mithilfe der In-vitro Fertilisation gezeugt wurden.

(Nobelpreiskomitee / Karolinska Institutet, 04.10.2010 – DLO)

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