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Biologie

Rinderparasit „tarnt“ sich als Chromosom

Clevere Protozoen kapern Mechanismus der Zellteilung zur Vermehrung

Der Parasit (gelb) wird während der Zellteilung zusammen mit den Chromosomen (blau) auf die beiden Tochterzellen verteilt. © Conrad von Schubert

Der Rinderparasit Theileria hat eine ganz eigene Überlebensstrategie: Er „verkleidet“ sich als Chromosom des von ihm befallenen Tieres und macht sich den natürlichen Zellteilungsprozess seines Wirtes zunutze, um sich zu vermehren. Berner Forscher sind dem Nutznießer jetzt auf die Schliche gekommen.

Parasiten haben verschiedene, mitunter ausgeklügelte Wege entwickelt, um sich im Organismus ihres Wirtes auszubreiten. Theileria beispielsweise ist ein Einzeller, der in Afrika und weiten Teilen Asiens Rinder infiziert und eine krebsähnliche Krankheit – die Theileriose – auslöst.

Zeckenbisse als Übertragungsweg

Er wird durch Zeckenbisse auf das Rind übertragen, wo er zunächst weiße Blutzellen besiedelt und anschließend auch in rote Blutzellen übergeht. Von dort aus gelangt er wiederum in Zecken, die sich vom Blut des betroffenen Rindes ernähren und anschließend weitere Rinder befallen.

Listige Vermehrungsstrategie

In einer im Journal „PLoS Biology“ erschienenen Studie beschreibt ein Forscherteam unter der Leitung von Dirk Dobbelaere von der Abteilung Molekulare Pathobiologie der Universität Bern, auf welch einzigartige und listige Weise Theileria sich im Organismus des Rindes vermehrt.

Übertragung auf beide Tochterzellen

Nachdem sich der Parasit in den weißen Blutzellen seines Wirtes eingenistet hat, bringt er diese dazu, sich fortlaufend zu teilen. Während des natürlichen Prozesses der Zellteilung verdoppeln sich die Chromosomen und werden durch röhrenförmige Proteinfäden, so genannte Mikrotubuli, an die sich gegenüberliegenden Seiten der Zelle gezogen, bevor diese in zwei Teile getrennt wird.

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Damit wird sichergestellt, dass beide Tochterzellen einen identischen Satz Chromosomen erhalten. Der clevere Parasit „verkleidet“ sich als Teil dieses Mechanismus der Wirtszelle, was zur Folge hat, dass er vom Wirt wie die eigenen Chromosomen behandelt wird. So gelingt es ihm den Wissenschaftlern zufolge ebenfalls, bei jeder Zellteilung gleichmäßig auf beide Tochterzellen verteilt zu werden und sich entsprechend im Organismus des Rindes exponentiell zu vermehren.

Trittbrettfahrer der Zellteilung

„Der Parasit macht sich die Funktion bestimmter Wirtszell-Moleküle zu Eigen und wird dadurch zum Trittbrettfahrer der Zellteilung. Dank dieser Erkenntnis verstehen wir nun viel besser, wie die Krankheit funktioniert“, sagt Dobbelaere.

Um dem Parasiten auf die Spur zu kommen, hatten die Wissenschaftler den Zellteilungsvorgang jeweils an spezifischen Punkten gestoppt. So konnten sie genau beobachten, wo sich die beteiligten Moleküle der Wirtszelle sowie der Parasit während verschiedener Stadien der Zellteilung befinden.

(idw – Universität Bern, 29.09.2010 – DLO)

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