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Medizin

Schlaganfall: Enzym tötet Nervenzellen

Identifizierung von Peroxid-produzierendem Enzym eröffnet neue Therapiemöglichkeiten durch Hemmstoff

Ein deutsch-niederländisches Forscherteam könnte einen entscheidenden Durchbruch gegen Schlaganfall-Folgen erzielt haben. Sie entdeckten, dass das Enzym NOX4 nach einem Schlaganfall aggressives Wasserstoff-Peroxid im Gehirn produziert und damit für den Tod von Nervenzellen verantwortlich ist. Im Tiermodell gelang es den Wissenschaftlern bereits, das Enzym durch einen Hemmstoff lahmzulegen und damit die Gehirnschäden nach einem Schlaganfall drastisch zu reduzieren.

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Schlaganfälle, die durch eine mangelnde Durchblutung des Gehirns ausgelöst werden, sind weltweit die zweithäufigste Todesursache. Wer sie überlebt, trägt oft bleibende Schäden davon, wie Lähmungen oder Sprechstörungen. „Bislang gibt es nur eine Therapie, deren Wirksamkeit allerdings relativ mäßig ist. Sie eignet sich auch nur für rund zehn Prozent der Schlaganfall-Patienten“, erklärt der Schlaganfall-Forscher Christoph Kleinschnitz von der Universität Würzburg. „Dabei werden Blutgerinnsel im Gehirn aufgelöst, um die Mangeldurchblutung zu beseitigen, jedoch mit dem Risiko von Hirnblutungen.“

Wasserstoff-Peroxid produzierendes Enzym identifiziert

Neue Therapien sind dringend nötig. Vielfach gilt das Wasserstoff-Peroxid, das nach einem Schlaganfall im Gehirn entsteht, als ein guter Ansatzpunkt dafür. Alle Versuche, die Wirkung des aggressiven Moleküls durch Antioxidantien zu unterbinden, waren bislang allerdings gescheitert. Jetzt ist es Forschern der Universitäten Maastricht und Würzburg erstmals gelungen, sowohl den Ursprung des Peroxids zu enträtseln, als auch das Übel bei der Wurzel zu packen: Sie entdeckten, dass das Enzym NOX4 für die Wasserstoffperoxid-Produktion und damit den Tod der Nervenzellen verantwortlich ist.

Enzym-Hemmstoff verminderte Folgeschäden nach Schlaganfall

Als die Wissenschaftler das Enzym im Tiermodell mit einem neuartigen Hemmstoff lahmlegten, fielen die Gehirnschäden nach einem Schlaganfall drastisch geringer aus – selbst wenn der Hemmstoff erst Stunden nach dem Schlaganfall verabreicht wurde. „Wir zeigen jetzt einen ganz neuen Weg auf, weil wir das Übel an der Wurzel packen und das Enzym NOX4 direkt ausschalten können“, so Kleinschnitz. Das deutsch-niederländische Forschungsteam berichtet darüber in der neuen Ausgabe des renommierten Fachblatts Public Library of Science Biology (PLoS Biology).

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Das Ausschalten des Gens für NOX4 hat bei Mäusen keine abnormen Änderungen ausgelöst, wie die Forscher der Deutschen Mausklinik am Helmholtz-Zentrum in München festgestellt haben. Diese Beobachtung könnte für die zukünftige Entwicklung nebenwirkungsarmer NOX4-Hemmstoffe wichtig sein.

Ansatz für neue Therapien auch bei anderen Krankheiten

Wasserstoff-Peroxid und mit ihm verwandte Moleküle spielen zudem vermutlich auch bei anderen Krankheiten eine wichtige Rolle: Herzinfarkt, Krebs, Parkinson- und Alzheimer-Krankheit. Bei all diesen Leiden haben antioxidative Therapieversuche bislang ebenso versagt wie beim Schlaganfall. Von den neuen Erkenntnissen erwarten die Forscher darum auch Impulse für die Therapie dieser Erkrankungen. Bis zur Anwendung an Patienten ist der Weg aber noch weit. Zunächst einmal müssen die Wissenschaftler die Ergebnisse in anderen Krankheitsmodellen bestätigen und den Wirkstoff als Arzneimittel weiterentwickeln.

(Universität Würzburg, 22.09.2010 – NPO)

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