Chemiker haben durch ein einfaches Verfahren das natürliche Aderskelett eines Blattes fast komplett in magnetisches Eisencarbid umgewandelt. Dieses leitfähige Material ließ sich bisher nur schwer gezielt in feine Strukturen zwingen. Die neue, in der Fachzeitschrift „Angewandte Chemie“ vorgestellte Technik ermöglicht es nun, kohlenstoffhaltige Strukturen der Natur mit Metallcarbiden nachzubauen und damit vielfältige Vorlagen für unterschiedliche Anwendungen wie Katalysatoren und Elektroden zu gewinnen.
Die feinen Strukturen der Natur sind auch für technische Anwendungen interessant – sie existieren in einer unermesslichen Formenvielfalt, sind mechanisch meist sehr stabil und empfehlen sich wegen ihrer großen Oberflächen als Schablonen für Katalysatoren und Elektroden. Nun ist es Forschern vom Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung in Potsdam gelungen, das filigrane Skelett eines Blattes mit einer einfachen Methode in Eisencarbid umzuwandeln. Für Metallcarbide interessieren sich Materialwissenschaftler, weil sie magnetisch sind, den Strom leiten und zudem große Hitze sowie mechanische Beanspruchung aushalten. Da sich das Material als so stabil erweist, ließ es sich bislang jedoch kaum gezielt in eine bestimmte Form bringen.
Blatt vom Gummibaum als „Rohstoff“
Das haben die Potsdamer Chemiker nun auf einem einfachen chemischen Weg geschafft: Zunächst tauchten sie das Blattskelett eines Gummibaums in Eisenacetatlösung. Anschließend trockneten sie das getränkte Gerüst bei 40 Grad Celsius an der Luft, bevor sie es mit Stickstoff begasten und auf 700 Grad Celsius erhitzten. „Dabei blieb seine Struktur detailgenau erhalten“, erklärt Zoe Schnepp, die das Experiment vorgenommen hat. Beim Erhitzen verwandelt sich das Eisenacetat in dem Blattskelett in Eisenoxid, das dann vom Kohlenstoff des Skelettes zu Eisencarbid reduziert wird.
„Das Skelett liefert sowohl die Vorlage für die Form als auch den Kohlenstoff für die Reaktion“, so Schnepp. „Daher können wir die organische Substanz in nur einem Schritt umwandeln. Das unterscheidet unsere Methode von anderen, die biologische Formen ebenfalls als Vorlage für anorganische Strukturen verwenden.“ Schon seit einiger Zeit stellen Forscher Metalloxide auf der Basis von natürlichen Materialien wie Blättern her. „Einem Team ist es auch schon gelungen, Siliciumcarbid aus vorbehandelten Naturstoffen zu erzeugen“, erklärt die Forscherin. „Wir haben dieses Verfahren nun weiterentwickelt.“
Filigrane Struktur leitfähig und magnetisch
Um zu testen, ob das Blatt vollständig in Eisencarbid umgewandelt wurde, hängten die Forscher es als Anode in eine Elektrolysezelle. Tatsächlich sprudelte an dem Blatt Sauerstoff aus der Zelle, während an der Katode Wasserstoffbläschen aufstiegen. „Der Versuch bestätigt, dass das Blatt zum größten Teil in Eisencarbid umgewandelt wurde, es enthält darüber hinaus nur noch etwas Kohlenstoff“, so Schnepp. Zusätzlich zeigten die Forscher mit einem Permanentmagneten, dass das Blatt auch die magnetischen Eigenschaften des Eisencarbids angenommen hatte.
Prinzipiell müsste die neue Methode mit allen kohlenstoffhaltigen Naturstoffen funktionieren. „Wir wollen sie daher jetzt an weiteren Materialien testen“, sagt Schnepp. „Denn wichtig an der aktuellen Arbeit ist, dass wir den Formenreichtum der Natur nun nutzen können, um in nur einem einfachen Schritt hauchdünne Strukturen aus Metallcarbiden herzustellen.“
(Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung, 15.09.2010 – NPO)