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Chemie

Tarnkappe ermöglicht Teamwork zwischen Bakterium und Pilz

Symbiose eines Reisschädlings durch ungewöhnliches Lipopolysaccharid vermittelt

Mikroskopische Aufnahme von Rhizopus microsporum Mycel © Hertweck

Der Erreger der Reiskeimlingsfäule, ein Pilz, kann seine Wirkung nur dann entfalten, wenn er mit einem Bakterium zusammenarbeitet. Das wiederum gelingt nur, weil die Mikroben eine Substanz als Tarnkappe benutzen, die dem Pilz vorgaukelt, sie wären Artgenossen. Chemiker haben jetzt die Struktur dieser Tarnkappe entschlüsselt und berichten darüber in der Zeitschrift „Angewandte Chemie“.

Nicht nur wir, auch alle anderen Organismen müssen sich mit Bakterien auseinandersetzen. Ob notwendige Symbiose oder Infektion – bei der Interaktion zwischen Bakterium und einem Organismus spielen Kohlenhydratstrukturen auf der Zelloberfläche eine wichtige Rolle. Ein Team um Antonio Molinaro von der Universität Neapel und Christian Hertweck vom Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie in Jena hat nun eine ungewöhnliche Kohlenhydratstruktur entdeckt, ohne die die Symbiose zwischen einem Bakterium und einem Reispflanzen befallenden Pilz nicht stabil ist.

Pilz-Bakterien-Symbiose untersucht

Bei gramnegativen Bakterien sind Kohlenhydratstrukturen der Klasse der Lipopolysaccharide (LPS) besonders wichtig für Interaktionen zwischen Zellen. Lipopolysaccharide bestehen aus einer komplexen Kette aus verschiedenen Zuckermolekülen und einem Lipid, das die Struktur in der Zellmembran verankert. „Bisherige Studien beschränkten sich auf die Rolle von Lipopolysacchariden bei der Interaktion von Bakterien mit Tieren oder mit Pflanzen,“ so Hertweck. „Eine beträchtliche Wissenslücke besteht dagegen hinsichtlich der Interaktion mit anderen Mikroben.“

Das Team hat sich nun eine einzigartige Symbiose angesehen: Der Pilz Rhizopus microsporus, Erreger der Reiskeimlingsfäule, hemmt das Wachstum von Reiswurzeln, was zum Absterben der Pflanze führt. Der Pilz braucht dafür aber einen Partner, das Bakterium Burkholderia rhizoxinica. Die Bakterien stellen für den Pilz die notwendigen Toxine her, um die Reispflanzen zu schädigen. Die aus den toten Pflanzen freigesetzten Nährstoffe werden dann von beiden Symbiosepartnern genutzt.

Mehrfachzucker als Schlüsselmolekül

„Bisher blieb es ein Mysterium, wie die Bakterien in den Pilzzellen überleben können“, sagt Hertweck.

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Jetzt scheint das Team der Lösung auf der Spur zu sein: „Wir haben ein ungewöhnliches Polysaccharid,

eine Kette aus mehreren Galactose-Molekülen, in den Lipopolysacchariden des Bakteriums gefunden“, so Hertweck. „In dieser Bakterien-Gattung wurde ein solches Motiv zuvor noch nie beobachtet. In Pilzen kommen ähnliche Strukturen jedoch häufig vor.“

Das Bakterium ahmt diese Strukturelemente seines Wirtsorganismus möglicherweise nach. Die Forscher infizierten Pilze mit mutierten Bakterien, die diesen Mehrfachzucker nicht enthalten. Die Partner gehen in diesem Fall keine stabile Symbiose ein. Dies äußert sich unter anderem darin, dass die Pilze kaum mehr in der Lage sind, Sporen zu bilden. „Das spezielle Galactose-Motiv wirkt wahrscheinlich wie ein Tarnanzug für das Bakterium“, meint Hertweck. „Es ist denkbar, dass es so nicht als fremd erkannt wird und vor den Abwehrmechanismen des Pilzes sicher ist.“

(Gesellschaft Deutscher Chemiker, 14.09.2010 – NPO)

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