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GeoUnion

Spuren der Erdgeschichte in der City

„Stadt-Geologie-Führer“ zeigt Naturstein-Ästhetik in Hannovers Innenstadt

Granit-Löwen an der Treppenwange zum Künstlerhaus © Dr. Ute Richter, Niedersächsisches Landesmuseum Hannover

Wie achtlos geht man jeden Tag an der Erdgeschichte vorbei, die in Form von Steingebäuden rund um uns zu sehen ist? Die in den Innenstädten häufig verwendeten Naturwerksteine an Gebäuden, Banken, Kaufhäusern, Brunnen oder in den U-Bahnhöfen liefern optimale Möglichkeiten zum Studium der Gesteinskunde. Diese „Aufschlüsse“, wie der Geowissenschaftler die Steinbrüche nennt, bieten oft durch die Großflächigkeit der Werkstücke einen besseren Einblick in die Gesteine als der Herkunftsort selbst. Und es kann gezeigt werden, dass man die Geschichte unserer Erde leicht aus dem Studium der Gesteine ableiten kann. Vielleicht sehen sie ja Fassaden und Plätze ihrer Stadt anschließend mit anderen Augen.

Auch wenn wir hier von der Innenstadt Hannovers berichten, so gibt es solche „Stadt-Geologie“ Exkursions-Führer auch für viele ander Städte. Wenn sie demnächst losgehen, um weitere Natursteine zu finden, zu erkennen und ihre interessante Geschichte zu erforschen, packen Sie unbedingt eine Leselupe ein, um die Strukturdetails und die unterschiedlichen Minerale genauer betrachten zu können.

Neues Rathaus

Osterstraße, nahe dem Maschsee

Am Neuen Rathaus sind zwei (genetisch) unterschiedliche Gesteine verbaut. Der Sockelbereich besteht aus einem dunklen, fast schwarzen magmatischen Vulkangestein einer so genannten Basalt-Lava mit typischer poröser Struktur, die auf einen Ursprung aus sehr gasreicher Lava hindeutet. Sie stammt aus der Vulkan-Eifel und ist ca. 15 Mio Jahre alt (oberes Tertiär/Miozän).

Das zweite, helle Gestein gehört zu den Ablagerungsgesteinen und ist das charakteristischste Sedimentgestein Niedersachsens. Es handelt sich um einen feinkörnigen gelblich-grauen Sandstein, den so genannten „Wealden-Sandstein“, benannt nach einer englischen Landschaft mit ähnlichen Gesteinen. Er wurde zur Zeit der Unterkreide gebildet und ist 135 Mio Jahre alt. Sein Ursprung lag in den Flußsystemen und Feuchtgebieten des damaligen Festlandes. Der Sandanteil im Gestein entspricht den Quarzmineralen in magmatischen Gesteinen der umliegenden Gebirge, der durch die Verwitterung freigesetzt und von Wasser sortiert, abgerundet und transportiert wird. Unter der Auflast der überdeckenden Sedimente wurde dann der sandige Schlamm in Jahrmillionen zu hartem Gestein verfestigt. Damaliges Haupt-Abbaugebiet des „Wealden-Sandstein“ war Nesselberg und der Deister. Er wird dort heute nicht mehr abgebaut, da die Vorkommen erschöpft sind.

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Erker des Helmsen-Hauses

(heute: Buchhandlung an der Marktkirche)

Schicht für Schicht: Beim 3D-Druck wird das Material erst nach und nach hinzugefügt. © Riccardo Mojana/ iStock.com

Linke Hand des Marktkirchen-Eingangs steht an der Ecke Hans-Liljie-Platz/Knochenhauerstr. ein Mehrfamilien-Haus, errichtet vom Architekten Helmsen 1885. Besonders auffällig ist der rötlichbraune Werkstein aus dem der große Erker besteht, der einen schönen Kontrast zum gelben Ziegelmauerwerk der Obergeschosse des Hauses und des Nachbar-Hauses bildet. Der Erker besteht aus so genanntem „Wesersandstein“, der aus dem Solling bei Bodenwerder stammt und heute noch abgebaut wird. Der fein- bis mittelkörnige „Wesersandstein“ bildete sich in einem weitläufigen Flußsystem, welches Sand- und Schlamm-Massen aus den südlich gelegenen Abtragungsgebieten ins heutige Weser-Leine-Bergland transportierten und ablagerten. Er besteht hauptsächlich aus Quarzkörnern und schwach kalkigem Zement. Die rotbraune Farbe entsteht durch einen hohen Gehalt an Eisenoxiden im Gestein. Der „Wesersandstein“ wurde in der unteren Trias (Buntsandstein) gebildet und ist mit einem Alter von rund 230 Mio Jahren wesentlich älter als der „Wealden-Sandstein“.

Löwen am Künstlerhaus

Die beiden silberweißen Löwen an den Treppenwangen des Künstlerhauses in der Sophienstraße 2, aufgestellt 1870, bestehen aus einem magmatischen Tiefengestein (Plutonit). Genaue Angaben zur Herkunft des Granites sind nur schwer zu ermitteln, da alle Unterlagen zur Baukunst späten 19. Jahrhundert in Hannover einem schweren Leine-Hochwasser zum Opfer gefallen sind. Es handelt sich wahrscheinlich um den so genannten Ramberggranit aus dem Rambergmassiv im Harz und dieser drang im Ober-Karbon während einer gebirgsbildenden Phase vor ca. 270 Mio Jahren auf. Der helle, mittelkörnige Granit besteht hauptsächlich aus hellweißem Plagioklas und cremefarbenem Kalifeldspat, Quarz und zwei Glimmerarten, hellem Muskovit und dunkelbraunem Biotit. In großen dunklen Einschlüssen und auch gleichmäßig im Gestein verteilt sind braune und schwarze Erzminerale und Hornblende zu finden.

ESCO-Gebäude, Sophienstraße

Das Bürogebäude in Dubai wurde komplett aus gedruckten Bauteilen errichtet. © Government of Dubai Media Office

Schräg gegenüber dem Künstlerhaus steht das mehrstöckige Gebäude der European Salt Company. Seine Fassade ist wieder mit dem typischen Werkstein aus der Gegend verkleidet. Es handelt sich um einen fein- mittelkörnigen Sandstein, den so genannten „Wealdensandstein“ aus der Unterkreide (135 Mio Jahre), der ebenfalls im Weser-Bergland noch heute abgebaut wird. Die verschiedenen Platten sind nicht poliert und entlang der natürlichen Schichtflächen gebrochen. Sie zeigen die ursprüngliche Oberfläche der ehemaligen Sandsteinbänke mit allen typischen Strukturen, die in einem durch Wasserbewegung abgelagerten Sand auftreten können. So kann man auf manchen Platten Wellenrippeln (Fläche Sophienstraße, linker Rand, Blickhöhe) oder sogar die Fährte eines dreizehigen Dinosauriers erkennen (Fläche Sophienstraße, 5. Platte von unten, 8. Platte von links), der durch den damals noch weichen, sandigen Schlamm lief.

(GeoUnion/Dr. Ute Richter, Niedersächsisches Landesmuseum Hannover, Naturkunde-Abteilung, 20.07.2004 – Dr. Ute Richter, Niedersächsisches Landesmuseum Hannover)

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