Hitzewellen haben erhebliche Auswirkungen auf Mensch und Natur. Wie stark diese sind, hängt unter anderem von der Art der Bodenbedeckung vor Ort ab: Grasland reagiert im Verlauf einer Hitzeperiode anders als Wald, wie ein europäisches Forscherteam in einer aktuellen Studie in der Fachzeitschrift „Nature Geoscience“ berichtet.
Zu Beginn einer Hitzewelle werden danach über Grasland niedrigere Temperaturen gemessen als über Waldgebieten. „Dauert eine heiße, trockene Periode wie beispielsweise im Jahr 2003 länger, so kehrt sich die Situation um. Oberhalb von Wäldern ist es dann kühler als über dem Grasland – zum Höhepunkt der 2003 Hitzewelle betrug dieser Unterschied in manchen Regionen im Mittel bis zu 3,5°C“, erklärt Georg Wohlfahrt von der Universität Innsbruck das Ergebnis einer europaweiten Untersuchung.
Kühlmechanismus gerät ins Stocken
Grund für dieses bemerkenswerte Phänomen ist die unterschiedliche Verdunstung, das heißt der Fluss von Wasserdampf durch die Spaltöffnungen der Pflanzen zur Atmosphäre hin: „Vor allem krautige Pflanzen weisen häufig höhere Verdunstungsraten als Bäume auf – weil für die Verdunstung von Wasser Energie aufgewendet werden muss (circa 2.450 J/g) hat dies einen kühlenden Effekt und dämpft dadurch die Erwärmung“, verdeutlich der Forscher vom Institut für Ökologie.
Wenn die Temperaturen über längere Zeit sehr hoch sind verdunstet Grasland so große Mengen an Wasser. Werden die Bodenwasservorräte schließlich knapp, schützen sich Pflanzen indem die Spaltöffnungsweite verringert und so die Verdunstung reduziert wird. Da nun ein wichtiger Kühlmechanismus fehlt kommt es zu einem Anstieg der Temperaturen des Ökosystems und der darüber liegenden Luftschichten.
Konservativer Wasserhaushalt
Wälder hingegen haben laut Wohlfahrt einen konservativen Wasserhaushalt, sie verdunsten langsamer, sind tiefer im Boden verwurzelt und haben daher auch nach längeren Hitzeperioden noch Zugang zu Wasserressourcen. Im Verlauf einer Hitzewelle tragen Wälder so stetig zur Kühlung bei und sind Grasland in längeren Hitzeperioden in dieser Hinsicht überlegen.
Laborversuche ergänzen Messungen
Gewonnen haben die Forscher diese Ergebnisse anhand von Messungen an mehreren Standorten in Europa, an denen Grasland und Wald nebeneinander liegen. „Die Geräte an den Messtürmen liefern an 365 Tagen im Jahr 10-20 mal pro Sekunde Daten zur Verdunstung, die in eine europäische Datenbank eingespielt werden. In dieser Studie wurden diese in Kombination mit Satellitenbildern der Landoberflächentemperatur ausgewertet“, erzählt Wohlfahrt. Die Messdaten, mit denen er arbeitet, stammen von einer Messstation, die sich auf einer Wiese im Stubaital befindet.
Gefährliche Hitzewellen
„Was uns besonders interessiert hat, war die Frage: Was passiert auf dieser Wiese in einer längeren Phase der Trockenheit“, so der Wissenschaftler. „Wir haben festgestellt, dass für die Vegetation seit wir unsere Messungen 2001 begonnen haben durch Trockenheit keine Nachteile entstanden sind. In Laborversuchen konnten wir jedoch zeigen, dass noch längere und noch heißere Temperaturen nachhaltige Schäden anrichten können.“
Eine Erkenntnis, die laut Wohlfahrt in Hinblick auf die klimatischen Zukunftsaussichten von Bedeutung ist. Denn diese prognostizieren sowohl einen Anstieg der durchschnittlichen Sommertemperaturen für Zentral- und Westeuropa als auch eine zunehmende Häufigkeit an sommerlichen Trockenperioden.
(Universität Innsbruck/ETH Zürich, 06.09.2010 – DLO)