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Ökologie

Mehr Vögel in Villenvierteln

Leipzig: Vogelartenvielfalt in sozial schwächeren Gebieten oft geringer

Bachstelze © Artur Miko&

Die ungleichmäßige Verteilung von Biodiversität in Leipzig spiegelt die sozio-ökonomischen Gegebenheiten in der Stadt wider. So ist die Vogelartenvielfalt in sozial schwächeren Gebieten oft geringer als in Gebieten mit überdurchschnittlich hohem Einkommen der Bevölkerung. Dies haben jetzt Wissenschaftler in einer neuen Studie zur Brutvogelverteilung gezeigt, über die sie im Fachblatt „Ecology and Society“ berichten.

In ihrer Untersuchung verglichen die Forscher die Anzahl der Vogelarten mit Daten zur Landnutzung, Einwohnerdichte, Haushaltsgröße, Durchschnittsalter, Wohnungsleerstand und Durchschnittseinkommen der Bevölkerung.

Wie die Wissenschaftler des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) schreiben, sind die Stadtgebiete, deren Einwohner ein höheres Durchschnittseinkommen beziehen, durch große Anteile von qualitativ hochwertigen Grünflächen charakterisiert, die für Vögel günstige Lebensbedingungen bieten.

Aus diesem Grund sollten Stadtplaner nach Ansicht der Wissenschaftler in eher benachteiligten Stadtteilen mehr Anstrengungen zur Verbesserung der Grünflächen in Qualität und Quantität unternehmen. Dieses könnte zu einer Erhöhung der Biodiversität beitragen und damit allen Stadtbewohnern gleichermaßen Naturerlebnisse ermöglichen.

Vielfalt an Vogelarten im Visier

Die Vielfalt an Vogelarten ist für die Wissenschaftler ein Indikator, um die ökologische Qualität von städtischen Grünflächen zu bewerten. Eine Reihe von Studien weist bereits darauf hin, dass ein positiver Zusammenhang zwischen artenreichem städtischen Grün und der Gesundheit der Bewohner besteht.

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Für ihre Studie untersuchten die Wissenschaftler vom UFZ die Anzahl der Brutvogelarten in einem Radius von 500 Metern rund um Wohnstandorte. Wie viele Vogelarten Leipziger tatsächlich an ihrem Wohnort wahrnehmen können, hängt vor allem vom Wohngebiet ab: Je nach Stadtviertel leben im betrachteten Radius zwischen zwölf und 73 Arten. Besonders wenige Vogelarten gibt es im Leipziger Osten in den Stadtteilen Volkmarsdorf und Neustadt-Neuschönefeld sowie im Westen in der Plattenbausiedlung Grünau.

Villenviertel haben auch mehr Pflanzenarten

„Die meisten Arten können die Bewohner dagegen in den zentraler gelegenen nord- bis südwestlichen Bereichen der Stadt, beispielsweise in Schleußig oder im Waldstraßenviertel erleben“, sagt UFZ-Forscher Michael Strohbach. „Dort befinden sich mehr und hinsichtlich der ökologischen Bedeutung qualitativ höherwertigere Grünflächen als in anderen Teilen der Stadt. Dazu kommt noch, dass diese Viertel nahe am sehr artenreichen Leipziger Auenwald liegen.“

Bereits in den 1980er Jahren hatten Wissenschaftler festgestellt, dass Leipziger Villenviertel wesentlich mehr Pflanzenarten enthalten als Plattenbauviertel – insgesamt 212 gegenüber 139.

Höherer sozialer Status – höhere Artenvielfalt

Zwei Drittel der Leipziger leben jedoch laut der Studie in Gebieten, in denen die Vielfalt an Brutvögeln in der Nachbarschaft unter dem Leipziger Durchschnitt liegt. Dies ähnelt der Situation in anderen bereits untersuchten Städten. Nordamerikanische Wissenschaftler hatten beispielsweise vor wenigen Jahren festgestellt, dass Stadtviertel mit höherem sozialen Status häufig auch durch eine höhere Artenvielfalt gekennzeichnet sind als Viertel mit niedrigerem.

„Die Ähnlichkeit mit Leipzig ist überraschend, da die Unterschiede in Lebensstil, Einwohnerdichte und Bebauung im Vergleich zu Nordamerika erheblich sind“, berichtet Dagmar Haase, Wissenschaftlerin am UFZ und Professorin für Landschaftsökologie an der Humboldt Universität Berlin.

Brachflächen auf drei Prozent der Stadtfläche

Brachflächen machen momentan etwa drei Prozent der Stadtfläche aus, daher hat Leipzig ein großes Potenzial zur Entwicklung von Grünflächen. Dieses Potenzial wird bereits zum Teil im Rahmen des Stadtumbaus im Leipziger Osten und Westen genutzt. Gleichzeitig müssen aber auch existierende Naturräume effektiv geschützt werden.

Die Aufwertung von Stadtteilen durch eine hohe Artenvielfalt ist nach Ansicht der Forscher jedoch nicht nur eine Frage der sozialen Gerechtigkeit, sondern hat auch handfeste positive Auswirkungen auf Klima und Lebensqualität: Grünflächen tragen durch Kühleffekte und Schattenwirkung zur Anpassung an den Klimawandel bei und haben zudem positive Auswirkungen auf die Gesundheit der Anwohner.

(idw – Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ, 20.08.2010 – DLO)

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