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Nanotechnologie

Nano-Magnete reinigen Blut

Entfernung von Giftstoffen und Entzündungsproteinen innerhalb von Minuten

Funktionsprinzip der Nano-Magneten © ETH Zürich

Wissenschaftlern ist es mit speziell hergestellten Nano-Magneten gelungen, Blut in wenigen Minuten gezielt von einem Giftstoff zu reinigen. Im Gegensatz zu früheren, ähnlichen Ansätzen waren dabei keinerlei negative Wirkungen auf das Blut feststellbar. Erweist sich das Verfahren nun auch als wirksam im lebenden Organismus, könnte es beispielsweise schnell und effizient Menschen mit Blutvergiftungen helfen.

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Sie haben einen Durchmesser von gerade mal 30 Nanometern und weniger als ein Gramm von ihnen reicht aus, um in wenigen Stunden das gesamte menschliche Blut von einem bestimmten Giftstoff zu reinigen: speziell präparierte Nano-Magnete. Dies zeigten zumindest erste In-vitro-Versuche mit menschlichem Blut. Inge Herrmann vom Institut für Chemie- und Bioingenieurwissenschaften der ETH Zürich hat in ihrer Doktorarbeit bei ETH-Professor Wendelin Stark in Zusammenarbeit mit dem Universitätsspital Zürich die winzigen Magnete so ausgestattet, dass sie krankmachende Stoffe im Blut an sich binden können.

Reinigung in fünf Minuten

Die Wissenschaftler testeten die Eigenschaften ihrer funktionalisierten Magnete mit menschlichem Vollblut: Da Blut eine hohe Viskosität hat, mischten sie durch leichtes Schwenken verhältnismäßig starke Magnete mit dem Blut. In weniger als fünf Minuten hatten die Magnete den entsprechenden Giftstoff nahezu vollständig an sich gebunden. „Die Geschwindigkeit, mit der sich die Moleküle an die Magnete binden, ist abhängig von ihrer Bindungskonstante“, sagt Herrmann. „Je höher die Konstanten, desto schneller verbindet sich etwa der Antikörper des Magneten mit dem Antigen“. Nach der erfolgreichen Prozedur „fischten“ die Wissenschaftler die Magnete mit einem von aussen an das Gefäss angebrachten Permanentmagneten aus dem Blut.

Moleküle von beliebiger Größe „fischen“

Die porenfreie, glatte Oberfläche der Magnete weist zwei große Vorteile auf: Eine hohe Bindungskapazität und eine gute Zugänglichkeit für die zu bindenden Stoffen, die Liganden. Dies verhindert eine langsame Diffusion in Poren, wie sie bei herkömmlichen Verfahren vorkommt. Ein weiterer wichtiger Aspekt der Methode ist, dass unterschiedlich große und schwere Schadstoffe selektiv aus dem Blut entfernt werden können und dabei aber ähnlich große lebenswichtige Substanzen, wie etwa Antikörper des Immunsystems oder Plasmaproteine, im Blut verbleiben.

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Dialyse und Austausch des Blutplasmas wären nicht mehr nötig

Kleine, im Überschuss krankmachende Moleküle wie Harnstoff, Kalium oder Kreatinin, werden bisher durch Dialyse-, Filtrations- oder Absorptionsverfahren dem Blutkreislauf entzogen. Körpereigene krankheitsverursachende Substanzen oder zugeführte Gifte haben aber teilweise zu große Moleküle, als dass sie mit derartigen Verfahren abgeschieden werden können, da sonst auch lebenswichtige Moleküle verloren gingen. Hier hilft daher zurzeit nur ein vollständiger Austausch des Blutplasmas.

Gelänge es, die Blutreinigung anhand von spezifischen Magneten in die Praxis zu bringen, wäre das ein großer medizinsicher Durchbruch, davon sind die Wissenschaftler überzeugt. Interessant für Herrmann ist vor allem, dass die Magneten auch kleinste Moleküle im Picomol-Bereich an sich binden können. Das ist besonders bei Proteinen wichtig, die für Entzündungsprozesse verantwortlich sind.

Keine negativen Folgen für das Blut

Im Gegensatz zu einer früheren Studie, bei der mit rund 45 Mal so vielen Magneten gearbeitet und bei der die roten Blutkörperchen zerstört wurden, konnten die Wissenschaftler keine negativen Auswirkungen auf die Physiologie des Blutes feststellen. Weder die roten Blutkörperchen noch die Blutgerinnung wurden beeinträchtigt. Bedenken, dass die Magnete zu viel Eisen an das Blut abgeben könnten, räumen sie aus. Einerseits sind sie ummantelt mit einer Kohlenstoffhülle und andererseits sehr säure- und temperaturresistent. Und sollten trotz allem über die Hälfte der Magnete im Blut gelöst werden, wäre die dadurch freigesetzte Eisenmenge kleiner als jene, die bei Eisenmangel verabreicht werden würde, schreiben die Forscher.

Ob das Verfahren an einem lebenden Organismus erfolgreich angewendet werden kann, soll in einem nächsten Schritt geprüft werden. Falls ja, könnte es eine ideale Ergänzung zu herkömmlichen Therapien bei schweren Vergiftungen, Sepsis, metabolischen Störungen so wie Autoimmunkrankheiten sein.

(ETH Zürich, 18.08.2010 – NPO)

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