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Umwelt

Waldbrände: Russland als nukleares Pulverfass?

Feuer können laut Greenpeace zu schweren Atomunfällen führen

Fällt durch die andauernden Flächenbrände in Russland die Stromversorgung der dortigen Atomkraftwerke aus, kann es in den Anlagen zu nicht mehr beherrschbaren Notfallsituationen kommen. Davor hat jetzt Greenpeace gewarnt. Nach Angaben der Umweltschutzorganisation können zerstörte Hochspannungsleitungen und durch Rauch und Hitze versagende Notstromgeneratoren zum Ausfall der notwendigen Kühlung der Reaktoren führen.

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Greenpeace forderte deshalb die russische Regierung auf, die bedrohten Atomreaktoren umgehend herunterzufahren und die Öffentlichkeit umfassend über die Sicherheitslage der betroffenen Anlagen zu informieren.

Atomanlagen schützen

„Die russischen Krisenregionen sind ein nukleares Pulverfass, das sofort unter Kontrolle gebracht werden muss“, sagt Heinz Smital, Atomexperte bei Greenpeace. „Die Atomanlagen müssen unter allen Umständen geschützt werden. Die russische Regierung muss auch technische Hilfe aus dem Ausland anfordern. Es ist unglaublich, dass den Menschen in Russland und den Nachbarländern Informationen über die Situation vorenthalten werden und nur scheibchenweise weitergegeben werden.“

Die großflächigen Feuer in Russland gefährden Atomanlagen direkt und indirekt, so Greenpeace weiter. Versagt zum Beispiel die externe Stromversorgung durch die Beschädigung einer Hochspannungsleitung, muss die Notstromversorgung anspringen, um den Reaktorkern zu kühlen. Fallen auch diese Dieselgeneratoren wegen Überhitzung oder starkem Rauch aus oder springen erst gar nicht an, kann es nach Angaben der Umweltschutzorganisation zu einer Kernschmelze kommen.

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Explosion statt Kernschmelze

Dasselbe gelte bei einem Versagen der Kühlsysteme von Plutoniumtanks, wie sie in der Wiederaufbereitungsanlage Majak stehen. Dort würde es zu keiner Kernschmelze kommen, sondern zu einer Explosion, die große Teile Russlands verseuchen könnte.

„Zwar beendet das Abschalten eines Reaktors die nukleare Kettenreaktion, die Gefahr einer Kernschmelze ist damit aber nicht gebannt. Der Reaktorkern muss dauerhaft gekühlt werden, um die Abwärme durch den radioaktiven Zerfall abzuleiten“, so Smital.

Zwölf Atomkraftwerke besonders gefährdet

Besonders gefährdet sind nach Angaben der Umweltschützer die zwölf Atomkraftwerke an den Standorten Kalinskaya, Balakovskaya, Rostovskaya und Novovoronezhskaya, sowie die Atomanlagen von Sarow und Majak. Das russische Atomunternehmen Rosatom meldete gestern, dass nur 300 Meter entfernt vom militärischen Nuklearkomplex Sarow ein 14 Quadratkilometer großes Waldstück brennt.

„Die Lage hat sich sehr stark verkompliziert“, schreibt Rosatom in einem Papier, das Greenpeace vorliegt. In Majak befindet sich ein Plutoniumtank, der dauerhaft gekühlt werden muss. Es gibt Hinweise, dass vor wenigen Tagen im Reaktor 3 in Novovoronezhskaya ein Transformator durch die Hitzewelle beschädigt wurde und der Reaktor abgeschaltet werden musste. Durch den Vorfall sei nach Behördenangaben jedoch keine Radioaktivität freigesetzt worden.

Radioaktive Kontamination in Deutschland?

Im Falle eines schweren nuklearen Unfalls in der Krisenregion kann laut Greenpeace nicht ausgeschlossen werden, dass es auch in Deutschland zu radioaktiver Kontamination kommt. „Im Interesse der deutschen Bevölkerung muss Bundeskanzlerin Merkel eine transparente und glaubhafte Informationspolitik von der russischen Regierung einfordern und zugleich umfangreiche und schnelle Hilfe im Kampf gegen die Flammen anbieten“, sagt Smital.

(Greenpeace, 13.08.2010 – DLO)

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