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Physik

LHC-Experimente bestätigen Standardmodell

Teilchenbeschleuniger weist fundamentale Teilchen nach und bereitet damit Boden für Neues

Teilchenspuren im Detektor ALICE nach einer Kollision mit 7 Teraelektronenvolt © CERN

Der größte Teilchenbeschleuniger der Welt – der Large Hadron Collider (LHC) – hat die Erwartungen der Physiker bisher vollauf erfüllt. Die jetzt vorgestellten ersten Ergebnisse aus den Protonen-Protonen-Kollisionen im Beschleunigerring bestätigen das geltende Standardmodell der Teilchenphysik. Die Detektoren wiesen sehr schnell die erwarteten Teilchen nach und konnten auch bereits einige abweichende Theorien entkräften.

Der leistungsfähigste und größte Teilchenbeschleuniger der Welt, der Karge Hadron Collider (LHC) des Cern bei Genf nahm am 8. September 2008 seinen Betrieb auf, stand dann jedoch durch einige Pannen und Fehlschläge in der Folgezeit erst einmal monatelang still. Am 27. März diesen Jahren dann begannen endlich die wissenschaftlichen Versuche mit Protonen-Protonen-Kollisionen bei einer Energie von 3,5 Teraelektronenvolt pro Strahl. Seither konnte die Rate der Kollisionen bereits um das Tausendfache gesteigert werden.

Bekannte Teilchen „wiederentdeckt“

Jetzt haben Teilchenphysiker auf der International Conference on High Energy Physics (ICHEP), der größten Konferenz ihrer Zunft, die Ergebnisse der ersten drei Monate vorgestellt. Ihr erstes Ziel, bestimmte Teilchen des Standardmodells „wiederzufinden“, haben die CERN-Forscher erreicht. „Es ist erstaunlich zu sehen, wie schnell wir die bekannten Teilchen wiederentdeckt haben, von den leichtesten Resonanzen bis hin zum Top-Quark“, erklärt Guido Tonelli, Sprecher der Forschergrupe am CMS-Detektor des LHC. „Diese geduldige und systemtische Arbeit ist nötig, um den bekannten Hintergrund für jedes folgende neue Signal zu etablieren.“

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„Innerhalb von nur Tagen haben wir Ws und später Zs gefunden – die beiden Träger der schwachen Wechselwirkung, die hier am Cern vor fast 30 Jahren entdeckt worden waren“, erklärt Fabiola Gianotti, Sprecherin der ATLAS-Forschergruppe. Ihr Kollege Andrei Golutvin vom LHCb-Experiment fügt hinzu: “Das LHCb-Experiment ist maßgeschneidert, um die Familie der b-Partikel mit den so genannteB eauty-Quarks zu untersuchen. Daher ist es extrem befriedigend, dass wir bereits hunderte von Beispielen für solche Teilchen gefunden haben, eindeutig nachgewiesen durch die Analysen der Teilchenspuren.“

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Kein Hinweis auf superschwere „excited Quarks“

Allein das Team des ATLAS-Detektors wertete mehr als 200 Millionen Proton-Proton-Kollisionen aus und suchte nach speziellen Teilchen, die hundertfach schwerer als normale Materie sein sollen. Solche „angeregten Quarks“ wurden von einigen Theorien vorhergesagt. Gäbe es sie wirklich, würde dies allerdings das bisherige Standardmodell der Teilchen buchstäblich auf den Kopf stellen. Denn das bisherige Verständnis der Materie und der Kräfte, die die Teilchen zur Bindung oder zur Interaktion bringen, müsste dann komplett revolutioniert werden.

Die ATLAS-Versuche ergaben allerdings trotz gründlicher Suche keine Spur solcher exotischer Quarks, obwohl die Experimente am Teilchenbeschleuniger prinzipiell für ihren Nachweis geeignet waren. Die Wissenschaftler können nun die Existenz solcher „excited Quarks“ zumindest unterhalb einer Masse von 1.290 GcV/c2 ausschließe und damit die Gültigkeit des Standardmodell der Teilchenphysik bestätigten.

Basis für neue Entdeckungen

„Das ist ein wichtiger Meilenstein für ATLAS und den LHC. Das bedeutet, dass wir eine ganze Reihe theoretischer Modelle verwerfen können”, erklärt Pekka Sinervo, ATLAS-Forscher von der Universität von Toronto. „Aber noch viel wichtiger bedeutet es, dass der LHC die Entdeckungsmaschine der nächsten Dekade sein wird.“ CERN-Generaldirektor Rolf Heuer ergänzt: „Die Wiederentdeckung unserer ‘alten Freunde’ der Teilchenwelt zeigt, dass die LHC-Experimente gut darauf vorbereitet sind, nun neue Territorien zu betreten. Es scheint, dass das Standardmodell funktioniert wie erwartet. Jetzt liegt es an der Natur, uns etwas Neues zu zeigen.“

(CERN, 28.07.2010 – NPO)

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