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Astronomie

Alle Sterne entstehen nach Schema F

Forscher kommen dem Geheimnis der Sternentstehung auf der Spur

Künstlerische Darstellung einer Scheibe um einen massereichen jungen Stern © L. Calçada / M. Kornmesser / ESO

Ein Team von Astronomen hat mit Hilfe verschiedener Teleskope das erste Bild einer Staubscheibe aufgenommen, die einen massereichen jungen Stern umgibt. Die Existenz dieser Scheibe ist ein direkter Hinweis darauf, dass massereiche Sterne auf die gleiche Weise entstehen wie ihre kleineren Geschwister, berichten die Forscher in der aktuellen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins „Nature“.

„Unsere Beobachtungsdaten zeigen eine Scheibe um einen jungen, massereichen und nun voll ausgebildeten Sternenembryo”, erklärt Stefan Kraus von der University of Michigan in den USA, der Leiter des Teams. „Man könnte sagen, dass die Geburt dieses Babys nun unmittelbar bevorsteht.”

IRAS 13481-6124 im Visier

Im Fokus der Astronomen stand ein Objekt, das von dem Infrarotsateliten IRAS entdeckt wurde und das deshalb den etwas kryptischen Namen IRAS 13481-6124 trägt. Sein junger Zentralstern ist noch von seinem Geburtskokon aus Gas und Staub umgeben. Er hat eine Masse von rund zwanzig Sonnenmassen, einen Radius von etwa fünf Sonnenradien, und befindet sich in etwa 10.000 Lichtjahren Entfernung von der Erde im Sternbild Zentaur.

Mithilfe von Daten des Infrarotsatelliten Spitzer der NASA und durch Beobachtungen mit dem 12-Meter APEX-Submillimeterteleskop konnten die Astronomen einen so genannten Jet nachweisen, einen eng gebündelten Ausfluss von Materie entlang der Drehachse des Sterns. „Solche Jets werden häufig bei jungen, massearmen Sternen beobachtet und verraten üblicherweise die Existenz einer den Stern umgebenden Scheibe”, erläutert Kraus.

IRAS 13481-6124 © S. Kraus / ESO / Spitzer / NASA / JPL

Zirkumstellare Scheiben

Solche zirkumstellaren Scheiben sind ein unverzichtbarer Bestandteil der Entstehung massearmer Sterne wie zum Beispiel unserer Sonne. Da die intensive Strahlung eines massereichen Sternes aber die umliegende Materie davon abhalten könnte, in Richtung des Sterns zu stürzen, war bislang unklar, ob solche Scheiben auch bei der Bildung von Sternen mit mehr als zehn Sonnenmassen auftreten. Alternativen Theorien von Astronomen zufolge könnten massereiche Sterne beispielsweise auch durch die Verschmelzung kleinerer Sterne entstehen.

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Um die Eigenschaften der Scheibe um IRAS 13481-6124 zu untersuchen und zu verstehen, nutzten die Forscher das Very Large Telescope Interferometer (VLTI) der ESO. Mit dem Instrument AMBER wird durch die Vereinigung des Lichts von dreien der am Paranal-Observatorium befindlichen 1,8 m-Hilfsteleskope die Abbildung von Details möglich, für die man sonst ein Einzelteleskop mit 85 Metern Durchmesser benötigen würde. Die Anlage kann auf diese Weise einen Winkel von 2,4 Millibogensekunden auflösen. Das ist etwa das Zehnfache des Auflösungsvermögens heutiger Weltraumteleskope im sichtbaren Licht und entspricht der Fähigkeit, von der Erde aus gesehen den Kopf einer Schraube an der Internationalen Raumstation zu erkennen.

Scheibe um IRAS direkt nachgewiesen

Dank der einzigartigen Leistungsfähigkeit des VLTI – ergänzt durch Beobachtungen mit dem 3,58 Meter New Technology Telescope (NTT) der ESO auf La Silla – waren Kraus und seine Kollegen in der Lage, die Scheibe um IRAS 13481-6124 direkt nachzuweisen. „Das ist das erste Mal, dass wir die inneren Bereiche einer Scheibe um einen massereichen jungen Stern abbilden konnten“, ergänzt Kraus. „Unsere Beobachtungen zeigen, dass die Entstehung von Sternen immer gleich abläuft, unabhängig von ihrer Masse.“

Umgebung von IRAS 13481-6124 © ESO / Digitized Sky Survey 2

30.000 Mal so hell wie die Sonne

Die Astronomen schlussfolgern daraus, dass das beobachtete System aus Stern und Scheibe etwa 60.000 Jahre alt ist und dass der Stern seine endgültige Masse bereits erreicht hat. Aufgrund der intensiven Strahlung des Sterns – er ist 30.000 Mal so hell wie unsere Sonne – wird die Scheibe bald anfangen zu verdampfen. Die Scheibe, deren Dicke nach außen hin zunimmt, so dass ihre gesamte Oberfläche vom Stern beschienen wird, erstreckt sich über 130 so genannte Astronomische Einheiten (AE), also 130 Mal die Entfernung Erde-Sonne. Sie enthält mit etwa 20 Sonnenmassen ähnlich viel Masse wie der Stern selbst. Die Beobachtungen zeigen auch, dass der innere Bereich der Scheibe frei von Staub ist.

„Weitere Beobachtungen mit dem Atacama Large Millimeter/Submillimeter Array (ALMA), das derzeit in Chile errichtet wird, könnten viele Informationen über den inneren Bereich der Scheibe liefern und uns helfen herauszufinden, wie massereiche Sternbabys so schwer werden konnten“, schließt Kraus.

Film: Zoom in IRAS 13481-6124

(idw – Max-Planck-Institut für Astronomie, ESO Science Outreach Network, 15.07.2010 – DLO)

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