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Biologie

„Krisenmanager“ der Pflanzenabwehr identifiziert

Protein reagiert auf „Notruf“ des Immunsystems und kurbelt Genaktivität an

Pflanzenparasiten, die in eine Zelle eingedrungen sind, werden durch ein Protein in Schach gehalten, das sowohl im Zellkern als auch im Zytoplasma aktiv wird. Wie Wissenschaftler in der Fachzeitschrift „PLoS Pathogens“ berichten, sorgt es im Kern dafür, dass die für die Abwehr benötigten Gene abgelesen werden. Im Zytoplasma könnte es den Tod der infizierten Zelle herbeiführen oder dem Zellkern zuarbeiten.

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Pflanzen sind nicht bereit, sich einem Eindringling widerstandslos hinzugeben. Auf Widersacher reagieren sie genau wie andere Lebewesen mit einer Immunantwort. Allerdings können sich Pflanzen keinen Fehlalarm leisten, weil jede überflüssige Immunreaktion mit einem erheblichen Stress verbunden ist und das Wachstum beeinträchtigt. Deshalb dosieren Pflanzen ihren Einsatz sehr genau. Wenn sich die Bedrohung allerdings schon in der Pflanzenzelle zeigt, muss schnell und effektiv reagiert werden, damit nicht die gesamte Pflanze Schaden nimmt.

Doppeltes Radarsystem

Pflanzen arbeiten bei ihrer Immunabwehr daher mit einem doppelten Radarsystem, einem auf der Zelloberfläche und einem im Zellinneren. Der äußere Radar besteht aus speziellen Rezeptoren, die wie Häscher nach potentiellen Angreifern suchen. Der innere Radar arbeitet mit Sensoren, die alle wichtigen pflanzlichen Proteine bewachen. Vergreift sich der Eindringling an einem dieser Proteine, weiß die Zelle, dass sie sofort reagieren muss.

Dass dabei ein Protein, EDS, eine zentrale Rolle spielt, haben jetzt Jane Parker vom Max Planck-Institut für Pflanzenzüchtungsforschung in Köln und ihre Kollegen nachgewiesen. An der Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana) einer beliebten Modellpflanze der Pflanzenphysiologie, stellten sie fest, dass das Protein vom inneren Radar alarmiert wird und daraufhin seine Präsenz im Zellkern und im Zytoplasma erhöht. Hier wird es dann als „Krisenmanager“ tätig.

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Einfluss auf Genaktivität

Das Protein vermittelt zwischen dem inneren Radar und der weiteren Immunantwort. „Wir wussten bislang nicht, wie es weitergeht, nachdem der innere Radar einen Notruf abgesetzt hat“, so Parker. „Mit EDS1 haben wir jetzt einen wichtigen Vermittler gefunden. „Nach dem Anspringen des Radars steigt die Konzentration des Proteins im Zellkern an und die Gene für die Abwehrreaktion werden in eine Botenribonukleinsäure umgeschrieben.“

Die Wissenschaftler haben allerdings bislang noch keinen Hinweis dafür gefunden, dass EDS1 selbst das Ablesen der Gene vorantreibt. Es sieht vielmehr so aus, als ob das Protein alles dafür vorbereitet. Es könnte also sein, dass es die nötigen Proteine einfängt und zu einem Komplex zusammenführt. Es könnte aber auch sein, dass es selbst ein Teil des Komplexes ist, mit dem die DNA in eine Botenribonukleinsäure umgeschrieben wird. Dass das Protein eine wichtige Rolle bei der pflanzlichen Immunantwort spielt, steht außer Frage. Wird es so verändert, dass es sich selbst wieder aus dem Zellkern wirft, bleibt die Immunantwort schwach.

Rolle im Zytoplasma noch unklar

Allerdings ist für die Abwehr auch das EDS1 im Zytoplasma notwendig. Welche Rolle es dort spielt, ist jedoch unklar. Parkers Experimente legen nahe, dass es eine enge Absprache zwischen dem Protein im Zellkern und im Zytoplasma gibt und dass ein ständiges Hin und Her für eine vollständige Immunantwort notwendig ist. Eine Variante, die nicht mehr in den Kern wandern kann, lässt Zellen an der Infektionsstelle absterben.

„Es könnte also sein, dass EDS1 im Zytoplasma den programmierten Zelltod auslöst, davon aber abgehalten wird, wenn im Zellkern alles Nötige für eine effektive Immunantwort angelaufen ist“, sagt Parker. „Es könnte aber auch sein, dass EDS1 im Zytoplasma Proteine einsammelt, die anschließend im Zellkern gebraucht werden.“

Die Wissenschaftlerin will als nächstes die Rolle des Proteins in beiden Kompartimenten genauer untersuchen und herausfinden, welche Absprachen für eine effektive Immunantwort getroffen werden müssen. Die Ergebnisse helfen dabei, zu verstehen, wie die Pflanze zu einer angemessenen Immunreaktion kommt, einer, die den Feind beseitigt, aber gleichzeitig ihrem Wachstum nicht schadet.

(Max-Planck-Gesellschaft, 02.07.2010 – NPO)

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