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Klima

Keine Erholung für das arktische Meereis

2010 wird wieder ein kritisches Minimum der Meereisbedeckung erwartet

Auch für den Spätsommer 2010 erwarten Polarforscher wieder ein kritisches Minimum des arktischen Meereises. Das zeigen auf unterschiedlichen Methoden basierende Prognosen. Zwar wird das Minimum von 2007 nicht ganz erreicht, aber eine Entwarnung gibt es nicht: Nach wie vor bleibt die Eisfläche weit unter dem langjährigen Mittelwert.

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Im Jahr 2007 erreichte das sommerliche Minimum des arktischen Meereises einen negativen Rekordwert von nur noch 4,1 Millionen Quadratkilometern – fast drei Millionen Quadratkilometer mehr als der langjährige Durchschnitt. Und auch in den folgenden Jahren betrug die die Eisausdehnung am Ende des Sommers nur noch etwa 70 Prozent des langfristigen Mittelwertes der Jahre 1979 bis 2000. Auch in diesem Jahr wird dies wahrscheinlich nicht anders sein, wie Prognosen im jährlich erscheinenden „Sea Ice Outlook“ zeigen. Die Online-Publikation stellt in einem wissenschaftlichen „Wettstreit“ die Prognosen von rund einem Dutzend internationaler Forschungsinstitute zur voraussichtlichen Eisbedeckung im September 2010 einander gegenüber.

Bremerhaven: Modell der Eismessung und Eisbewegung

Zwei der Wissenschaftlerteams stammen aus deutschen Forschungsinstituten und haben Prognosen mit unterschiedlichen Verfahren erstellt. Professor Rüdiger Gerdes und sein Team vom Bremerhavener Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung in der Helmholtz-Gemeinschaft (AWI) erarbeiteten gemeinsam mit den wissenschaftlichen Firmen „OASys“ und „FastOpt“ ein Modell, in das Beobachtungsdaten aus ozeanischen Driftbojen und Satellitendaten zu Eismessung und Eisbewegung einfließen. Im Laufe des Sommers wird die vorgelegte Prognose monatlich wiederholt, wobei jeweils aktuelle Wetterdaten einbezogen werden. „Derzeit berechnen wir, dass mit 80-prozentiger Wahrscheinlichkeit die Eisbedeckung im September zwischen 4,7 und 5,7 Millionen Quadratkilometern liegen wird. Die Voraussage wird aber immer präziser werden“, so Gerdes.

Hamburg: Satellitenbildvergleich tageweise

Die Prognose vom KlimaCampus-Team der Universität Hamburg um Professor Lars Kaleschke vergleicht stattdessen anhand von Satellitenbildern die Eisfläche für jeden Tag des Jahres 2010 mit der des entsprechenden Tages von 2009 bis 2003. Zahl und Größe der eisfreien Flächen, der so genannten

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Polynyen, sind Indikatoren für die spätere Eisentwicklung. Diese dunklen Ozeanflächen speichern die Sonnenenergie schon im Frühsommer und verstärken so zusätzlich das weitere Abschmelzen während des Polarsommers, in dem die Sonne nicht mehr verschwindet, bis zum September.

Auch 2010 zu niedriges Minimum

Das Ergebnis der beiden Teams: Beide Forschergruppen erwarten zwar nicht, dass wieder das Rekord-Minimum von 2007 mit 4,3 Millionen Quadratkilometern erreicht wird. Dennoch wird die Eisbedeckung im September 2010 wieder sehr gering ausfallen. Dabei liegt die Prognose des Teams vom KlimaCampus der Universität Hamburg mit 4,7 Millionen Quadratkilometer niedriger als die der AWI-Forscher mit 5,2 Millionen Quadratkilometer. Die derzeitige Eisbedeckung ist vergleichbar mit der vom Juni 2006, ein Jahr, in dem im September mehr Eisfläche als 2007 verblieb. Entscheidende Faktoren für die Situation im Spätsommer, wie die Eisdicke der zentralen Arktis und die weitere Wetterentwicklung im Sommer, sind aber jetzt nicht bekannt.

Entwarnung ist nicht angesagt: „Der Anteil mehrjährigen dicken Eises ist inzwischen soweit zurückgegangen, dass die sommerliche arktische Meereisbedeckung sehr viel empfindlicher auf atmosphärische Anomalien reagiert als noch vor zehn oder zwanzig Jahren“, bilanziert Gerdes. Eine Rückkehr zu historischer Eisausdehnung von über sieben Millionen Quadratkilometern, wie sie bis Ende der 1990er Jahre regelmäßig auftrat, ist nicht zu erwarten.

(Universität Hamburg, 24.06.2010 – NPO)

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