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Astronomie

Astronomen tricksen mysteriöse Himmelskörper aus

Erstmals Beobachtung eines Kuiper Belt Objekts bei einer Sternbedeckung gelungen

Künstliche Darstellung eines KBOs. © NASA

Im äußeren Bereich des Sonnensystems liegt eine als „Kuiper Gürtel“ bezeichnete Region, in der tausende rätselhafte, mondgroße, eisige Himmelskörper – so genannte Kuiper Belt Objects oder KBOs – umherdriften. Astronomen ist es jetzt erstmals gelungen, ein rund sechs Milliarden Kilometer von der Erde entferntes KBO bei einer Sternbedeckung zu studieren. Das überraschende Ergebnis: Die Oberfläche von KBO 55636 ist so hell wie Eis und Schnee. Die Forscher berichten über ihre neue Studie im Wissenschaftsmagazin „Nature“.

Die vergleichsweise geringe Größe und ihre große Entfernung machen es schwierig, KBOs in ihren Einzelheiten zu untersuchen. Eine Möglichkeit dazu besteht, während ein solches Objekt kurz vor einem hellen Stern vorbei läuft: Aus der Messung der Veränderungen des Sternlichtes während dieser als Sternbedeckung bezeichneten Phase können Astronomen die Größe und Temperatur des bedeckenden Himmelskörpers sowie das mögliche Vorhandensein einer Atmosphäre ableiten.

Objekt KBO 55636 beobachtet

Um jedoch am richtigen Ort und zur richtigen Zeit zu beobachten, muss man die Umlaufbahn eines KBOs so gut kennen, dass man die Position vorhersagen kann, die er hat, wenn sein vom bedeckten Stern geworfener Schatten die Erde trifft. Dieser „Trick“ gelang erstmals im Oktober 2009 einem Team von 18 Astronomen unter Leitung von James Elliot vom Massachusetts Institut of Technology (MIT), das eine Sternbedeckung durch das Objekt KBO 55636 beobachtete.

Astronomen nehmen an, dass KBOs die Reste der Himmelskörper sind, aus denen bei Zusammenstößen vor mehr als vier Milliarden Jahren die Planeten entstanden sind. Anders als unsere Erde, die seit ihrer Entstehung durch Wind und Wasser verwittert ist, haben sich die KBOs im Laufe der Zeit kaum verändert und können so Hinweise auf die Frühphase des Sonnensystems und die Planetenentstehung liefern.

Illustration der Flugbahn des KBO 55636 © Wolf

Beobachtung der KBO-Bedeckung

Jürgen Wolf und seine Kollegen Martin Burgdorf, Enrico Pfüller und Manuel Wiedemann vom Deutschen SOFIA Institut (DSI) der Universität Stuttgart arbeiteten mit ihren amerikanischen Kollegen Eric Becklin und Elinor Gates am 1-Meter Teleskop des Lick Observatoriums in Kalifornien. Sie testeten eine neue Hochgeschwindigkeitskamera für ihren zukünftigen Einsatz auf dem Stratosphären Observatorium für Infrarot Astronomie (SOFIA).

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„Wir waren gerade dabei, die Aufnahme des Einschlages einer Sonde auf dem Mond vorzubereiten, als Jim Elliot fragte, ob wir bei der Beobachtung der KBO-Bedeckung helfen könnten“, berichtet Wolf. „Aufgrund ihrer Empfindlichkeit und Schnelligkeit war unsere Kamera dazu perfekt geeignet.“

Überraschend helle Oberfläche

Wie Elliot und seine Kollegen in Nature berichten, lieferte die Bedeckung genügend Daten, um die Größe und die so genannte Albedo – ein Maß für die Lichtreflektion – von KBO 55636 zu bestimmen. Die Oberfläche von 55636 ist danach erstaunlich hell – eine große Überraschung für die Forscher, da man von diesen uralten Himmelskörpern normalerweise eine stumpfere, dunklere Oberfläche erwartet. Die gemessene hohe Albedo lässt vermuten, dass die Oberfläche aus Wassereis-Partikeln besteht.

Dies stützt die Theorie einiger Forscher, der zufolge es vor etwa einer Milliarde Jahre einen Zusammenstoß zwischen dem Kleinplaneten Haumea und einem weiteren Körper des Kuiper Gürtels gegeben hat. Dabei wurde der Eismantel von Haumea zerstört und in Dutzende kleinerer Körper aufgeteilt, darunter auch das KBO 55636.

Sternbedeckungen präzise vorhersagbar

Die neue Studie zeigt nach Angaben der Forscher auch, dass die Astronomen Sternbedeckungen genügend genau vorher sagen können, um sie mit dem neuen NASA/DLR Flugzeugobservatorium Stratospheric Observatory for Infrared Astronomy (SOFIA) messen zu können. Das Forschungsflugzeug, eine umgebaute Boeing 747SP, trägt ein in Deutschland entwickeltes Großteleskop mit einem 2,7-Meter Spiegel und kann Messungen im Infrarot-Bereich durchführen, die von Boden aus unmöglich sind.

Im Mai hat SOFIA seinen erfolgreichen „First Light“-Flug absolviert. Elliot hofft, dass seine Forschung zukünftige SOFIA Flüge unterstützt, bei denen Sternbedeckungen im Detail untersucht werden. „Diese erste erfolgreiche Beobachtung einer Sternbedeckung durch ein KBO zeigt auch die enorme Leistungsfähigkeit unserer schnellen Kamera“, sagt Wolf. „Wir hoffen auf viele weitere Messungen, wenn wir die Kamera auf SOFIA routinemäßig einsetzen.“

(idw – Universität Stuttgart, 18.06.2010 – DLO)

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