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Medizin

Aidskonferenz: Ermutigende Zahlen, aber viele Defizite

„Zugang für alle“ noch lange nicht realisiert

Aidsforschung © CDC

Rund 20.000 Betroffene, Politiker und Wissenschaftler beraten in dieser Woche auf der 15. Internationalen Aidskonferenz in Bangkok über bessere Vorbeugung und besseren Zugang zu Aids-Medikamenten. In vielen Entwicklungsländern hat sich Aids zu einer humanitären Katastrophe entwickelt. Doch es gibt auch Positves: Die Behandlung von HIV/Aids-Patienten mit antiretroviralen Medikamenten ist auch unter einfachen Bedingungen in ärmeren Ländern erfolgreich. Dies zeigen neue Daten, die die Organisation Ärzte ohne Grenzen am Montag auf der 15. Internationalen Aidskonferenz in Bangkok veröffentlicht hat.

Die Vereinfachung der Therapie hat es Ärzte ohne Grenzen ermöglicht, innerhalb der vergangenen zwei Jahre die Anzahl der behandelten Patienten von 1.500 auf 13.000 zu erhöhen. Die Organisation ruft Regierungen auf, alles zu tun, um mehr Menschen den Zugang zu lebensnotwendigen Medikamenten zu ermöglichen. Auch die Bundesregierung muss dringend mehr Mittel bereitstellen.

„Ärzte ohne Grenzen und andere Organisationen zeigen, dass die HIV/Aids-Behandlung in ärmeren Ländern möglich ist. Jetzt müssen Regierungen handeln“, sagte Tobias Luppe von Ärzte ohne Grenzen in Bangkok. „Es ist inakzeptabel, dass nur sieben Prozent der Betroffenen, die in Entwicklungsländern dringend antiretrovirale Medikamente brauchen, diese derzeit bekommen.“ Die Organisation fordert die Bundesregierung auf, ihren Beitrag zur Aids-Bekämpfung im Jahr 2005 auf mindestens 500 Millionen Euro jährlich sowie im Jahr 2007 auf mindestens 700 Millionen Euro pro Jahr zu erhöhen. „Der deutsche Beitrag ist angesichts der weltweiten Katastrophe bislang völlig unzureichend“, so Tobias Luppe. „Wir hätten es zudem sehr begrüßt, wenn die Bundesregierung wenigstens mit einem hochrangigen Vertreter auf der Konferenz in Bangkok teilgenommen hätte.“

Derzeit behandelt die Hilfsorganisation 13.000 HIV-Infizierte in 25 Ländern mit antiretroviralen Medikamenten. Die Daten, die bei 12.058 erwachsenen Patienten in 16 Ländern erhoben wurden, zeigen ermutigende klinische und immunologische Resultate: Obwohl sich 87 Prozent der Patienten zu Beginn der Therapie bereits in einem sehr fortgeschrittenen Stadium der Krankheit befanden, betrug die Überlebenswahrscheinlichkeit nach 24 Monaten 85,3 Prozent. Der Anstieg der T-Helferzellen beweist, dass sich das Immunsystem der Patienten unter der Behandlung deutlich erholt hat. Zudem nahmen die Patienten während der Behandlungdrei bis fünf Kilogramm an Gewicht zu. Bei 85 Prozent der 477 Patienten, bei denen auch die Viruslast überprüft werden konnte, war diese unter die Nachweisbarkeitsgrenze gesunken.

Der enorme Anstieg der Patienten, die von Ärzte ohne Grenzen mit antiretroviralen Arzneimitteln behandelt werden, sei hauptsächlich darauf zurückzuführen, dass die Behandlungsprotokolle soweit wie möglich an die Bedingungen in ärmeren Ländern angepasst wurden. Dies schließe die Verwendung von Kombinationspräparaten ein. 76 Prozent der Patienten, die im Mai 2004 mit der antiretroviralen Therapie begannen, werden derzeit mit Kombinationspräparaten behandelt. Das bedeutet, sie müssen lediglich zweimal täglich eine Tablette einnehmen, die alle drei notwendigen Wirkstoffe enthält. Diese generisch hergestellten Medikamente kosten rund 20 bis 30 US-Dollar pro Patient im Monat.

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Trotz dieser Erfolge äußerte sich die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen jedoch besorgt über den Zugang zu lebensnotwendigen Medikamenten. Reservemedikamente, die im Fall von Resistenzen eingenommen werden müssen, seien für die meisten unerschwinglich. „Die Entwicklung von Resistenzen gegen die Standardbehandlung ist sowohl in den Industrieländern als auch in ärmeren Ländern unvermeidbar“, sagte Alexandra Calmy, Aidsexpertin von ÄRZTE OHNE GRENZEN. „Doch sie kosten in ärmeren Ländern derzeit etwa 5.000 US-Dollar jährlich pro Patient. Das ist etwa 15 Mal so viel wie die Standardtherapie. Wenn sich diese Situation nicht bald ändert, werden viele Menschen unnötig sterben.“

Der Zugang zu Reservemedikamenten und anderen neu entwickelten Medikamenten ist laut Ärzte ohne Grenzen zudem durch regionale Handelsabkommen sowie die bevorstehende Implementierung des TRIPS-Abkommens in Ländern wie Indien bedroht. In Indien wird derzeit ein Großteil der generischen HIV/Aids-Medikamente hergestellt.

(UNAIDS, Ärzte ohne Grenzen, 13.07.2004 – NPO)

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