Erstmals haben Astronomen direkt verfolgt, wie ein Exoplanet auf seinem Orbit von einer Seite seines Muttersterns auf die andere wechselt. Der um den Stern Beta Pictoris entdeckte Planet hat dabei nicht nur die kürzeste Umlaufbahn aller bisher direkt beobachteten extrasolaren Gasplaneten, er könnte auch ähnlich entstanden sein wie die Gasriesen in unserem Sonnensystem.
Der rund 60 Lichtjahre von unserem Sonnensystem entfernte Stern Beta Pictoris ist etwa zwölf Millionen Jahre alt und damit nur rund ein Dreitausendstel so alt wie unsere Sonne. Der zweithellste Stern im Sternbild Pictor (der Maler) ist eines der bekanntesten Beispiele für einen Stern, der von einer Staubscheibe umgeben ist. Sie entstehen in der Frühzeit von Planetensystemen oft durch Kollisionen von Gesteinsbrocken und gelten daher als Indiz für die Präsenz von Exoplaneten. Die Staubscheibe von Beta Pictoris erstreckt sich über einen Bereich, dessen Durchmesser in etwa dem Tausendfachen der Entfernung Erde-Sonne entspricht.
Frühere Beobachtungen hatten bereits gezeigt, dass diese Scheibe eine Ausbuchtung aufweist und das es eine zweite Scheibe gibt, die relativ zur ersten leicht geneigt ist. Außerdem hat man kometenartige Körper beobachtet, die auf den Stern fallen und verdampfen. „All diese Phänomene waren indirekte, aber sehr deutliche Anzeichen dafür, dass es um Beta Pictoris einen großen Planeten geben müsste. Unsere Beobachtungen haben diesen Verdacht nun definitiv bestätigt”, erklärt Anne-Marie Lagrange, die das Team der Astronomen leitet, die Beta Pictoris untersucht haben.
Hinter dem Stern wieder aufgetaucht
Das Astronomenteam nutzte in den Jahren 2003, 2008 und 2009 das Infrarotinstrument NAOS-CONICA (kurz NACO), das an einem der vier 8,2-Meter-Teleskope am Very Large Telescope (VLT) der ESO betrieben wird, um die unmittelbare Umgebung von Beta Pictoris zu untersuchen. Auf der Aufnahme von 2003 war bereits eine schwache Lichtquelle innerhalb der Scheibe zu sehen. Es konnte zu jenem Zeitpunkt aber nicht ausgeschlossen werden, dass es sich dabei nur um einen Hintergrundstern handelt. Auf den Bildern des Jahres 2008 und vom Frühling 2009 war der Lichtpunkt gar nicht mehr zu erkennen.
Auf den jüngsten Aufnahmen vom Herbst 2009 jedoch taucht das Objekt nun auf der anderen Seite des Sterns wieder in der Scheibe auf. In der Zwischenzeit wurde es offenbar vom hellen Leuchten von Beta Pictoris überstrahlt und befand sich von der Erde aus gesehen entweder genau vor dem Stern oder dahinter. Mit den neuen Beobachtungen ist nun nachgewiesen, dass das Leuchten tatsächlich von einem Exoplaneten stammt, der Beta Pictoris umkreist. Die Beobachtungen erlauben außerdem Rückschlüsse auf die Größe der Umlaufbahn dieses Planeten
Exoplanet mit kürzester Umlaufbahn
Das „Beta Pictoris b” getaufte Objekt ist demnach der erste direkt beobachtete Exoplanet in einem Orbit, der etwa der Entfernung des Saturns zur Sonne in unserem Sonnensystem entspricht. Alle weiteren Planetenkandidaten, die sich bislang direkt abbilden ließen, sind weiter von ihren Muttersternen entfernt als Beta Pictoris b. Befänden sich diese Planeten in unserem Sonnensystem, läge ihr Orbit im Bereich des äußersten Planeten Neptun.
Die Entstehung solcher weit draußen liegenden Exoplaneten ist vermutlich ganz anders verlaufen als die der Planeten in unserem Sonnensystem oder um Beta Pictoris. „Die Exoplaneten, von denen in jüngerer Zeit direkte Abbildungen gelungen sind – oft kam dabei das VLT zum Einsatz – zeigen deutlich die Vielfalt der Planetensysteme”, erklärt Lagrange. “Beta Pictoris b ist darunter der vielversprechendste Kandidat für einen Planeten, der sich auf dieselbe Art und Weise gebildet hat wie die Gasriesen in unserem Sonnensystem.”
Planetenbildung in wenigen Millionen Jahren
Neueren Beobachtungen zufolge sollten sich Staubscheiben wie die um Beta Pictoris nur wenige Millionen Jahre nach der Entstehung des Sterns auflösen, so dass die Bildung der großen Planeten in den Scheiben viel schneller ablaufen müsste, als bislang angenommen wurde. Am Beispiel von Beta Pictoris ist nun erwiesen, dass dieses Szenario rascher Planetenbildung tatsächlich möglich ist. „Uunsere Ergebnisse zeigen, dass große Gasplaneten in den Scheiben um so junge Sterne wie Beta Pictoris in einem Zeitraum von nur wenigen Millionen Jahren entstanden sein müssen”, so Lagrange.
„Beta Pictoris b und die Exoplaneten, die bei den jungen, massereichen Sterne Fomalhaut und HR8799 gefunden wurden, deuten zusammen genommen darauf hin, dass solche “Super-Jupiter” ein häufiges Produkt der Planetenentstehung um massereichere Sterne sind”, ergänzt Gaël Chauvin, ein weiteres Mitglied des Forscherteams.
Parallelen zur Neptun-Entdeckung
Der Planet hat etwa die neunfache Masse des Jupiters. Damit hat er nicht nur die richtige Masse sondern auch den passenden Abstand zu seinem Mutterstern, um Strukturen wie die Wölbung zu verursachen, die im Innenbereich der Scheibe beobachtet wurde. Die Entdeckung von Beta Pictoris b weist damit gewisse Parallelen zu der Entdeckung des Planeten Neptun Mitte des 19. Jahrhunderts auf: Damals hatten die beiden Astronomen John Couch Adams und Urbain Le Verrier die Existenz eines bis dahin unbekannten Planeten aufgrund von Unregelmäßigkeiten in der Bahnbewegung des Uranus vorhergesagt und seine Position am Himmel berechnet. An der nämlichen Stelle fand Johann Gottfried Galle dann bei seinen Beobachtungen den Planeten Neptun.
„Aufgrund der kurzen Umlaufdauer des Planeten lässt sich innerhalb von 15-20 Jahren zu verfolgen, wie er seinen Mutterstern einmal vollständig umkreist”, erklärt der Nachwuchswissenschaftler Mickael Bonnefoy, ein Mitglied des Forscherteams. „Weitere Untersuchungen von Beta Pictoris b werden uns außerdem wertvolle Hinweise auf die physikalischen und chemischen Abläufe in der Atmosphäre eines jungen Gasplaneten geben.“
(European Southern Observatory – ESO, 11.06.2010 – NPO)