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Medizin

Rätsel der „schlafenden“ Viren geknackt

Mehrschichtiger Kontrollmechanismus steuert Latenz von Herpes und Co.

Herpes simplex Viren © CDC

Herpesviren tragen wir fast alle in uns, doch sie lösen nur manchmal Beschwerden aus. Welche Mechanismen es diesen Viren ermöglichen, so lange ungestört im Körper zu „schlafen“, haben jetzt Forscher aufgeklärt. Wie sie in der Fachzeitschrift „PLoS-Pathogen“ berichten, steuert ein ausgeklügelter mehrschichtiger Kontrollmechanismus ihr Schlaf- Wach-Gleichgewicht.

Wer Herpes hat kennt das Phänomen: Die lästigen Bläschen blühen immer dann auf, wenn man im Stress ist oder eine Infektion in sich trägt. Der Grund: Die Herpes-Viren sind im Körper schon präsent und „wachen auf“, sobald die Bedingungen günstig sind. „Im schlafenden, latenten Zustand legen Herpesviren fast das gesamte Erbgut still und es werden keine neuen Viren gebildet. So kann sich ein Herpesvirus lebenslang im Körper verstecken. Sobald infizierte Körperzellen jedoch gestresst sind, zum Beispiel durch starke Strahlenbelastungen oder zusätzliche Infektionen, wird es den Viren darin zu ungemütlich und sie schalten das volle Programm wieder an. Die Folge: Herpesviren vermehren sich, können erneut streuen und weitere Zellen infizieren“, erläutert Adam Grundhoff vom Hamburger Heinrich-Pette-Institut.

Was aber veranlasst die Viren, sich entweder massiv zu vermehren oder sich ruhend „wie ein Wolf im Schafspelz“ im Gewebe zu verstecken und in einem so genannten latenten Zustand zu verharren? Thomas Günther und Adam Grundhoff vom Hamburger Heinrich-Pette-Institut untersuchten dazu das Karposi Sarcom-assoziierte Herpesvirus (KSHV) – ein Herpesvirus, das an der Entstehung bösartiger Tumore bei AIDS- Patienten beteiligt ist.

Mehrschichtiger Kontrollmechanismus

Sie entdeckten, dass Karposi Sarcom-assoziierte Herpesviren einen ausgeklügelten mehrschichtigen Kontrollmechanismus zur Steuerung ihrer Latenz nutzen, der normalerweise in den Stammzellen unseres Körpers angestoßen wird, sobald diese in bestimmte Zelltypen ausreifen. „Auch das KSHV-Erbgut befindet sich in einem fein ausbalancierten Gleichgewicht, das jederzeit in eine Richtung ausschlagen kann – zwischen Wachen und Schlafen. „Herpesviren nutzen diese Mechanismen gezielt aus, um die Aktivität ihrer Gene zu steuern- eine perfekte Anpassung an die menschliche Wirtszelle“, so das Forscher-Team.

Epigenetische Muster steuern Latenz

Dieses Gleichgewicht ist sehr sensibel und wird durch hochkomplexe Muster am Erbgut gesteuert. Sie heißen epigenetische Modifikationsmuster. Darunter verstehen Genetiker zahlreiche biochemische Veränderungen – sowohl am Erbgut selbst, wie auch an dessen Verpackungsproteinen. Den HPI-Forschern gelang es jetzt erstmals, diese Muster zu entschlüsseln. Daüber hinaus entdeckten sie

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neue bisher unbekannte Bereiche im KSHV-Erbgut, die bei der Latenz eine Rolle spielen könnten. „Das ist auch deswegen so wichtig, weil latente Viren an der Krebsentstehung beteiligt sind und wir diese Mechanismen verstehen und ihnen letztendlich auch entgegenwirken wollen“, so Grundhoff.

(Heinrich-Pette-Institut für Experimentelle Virologie und Immunologie an der Universität Hamburg (HPI), 09.06.2010 – NPO)

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