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Astronomie

Jupitermond Europa: Sauerstoff im Eisozean

Strahlung und Gezeitenwirkung des Jupiter sorgt für Sauerstofftransport in die Tiefe

Europas Ozean unter dem Eis © NASA/JPL

Der Ozean unter dem Eis des Jupitermonds Europa könnte genügend Sauerstoff enthalten, um selbst größere Lebensformen zu ermöglichen. Das zeigt eine jetzt in der Zeitschrift „Astrobiology“ erschienene Studie, in der Planetenforscher einen Mechanismus vorstellen, wie der Sauerstoff durch die Eiskruste in die Tiefe gelangen könnte. Eine Schlüsselrolle dafür spielen Strahlung und die Gezeitenwirkung des Jupiter.

Der Jupitermond Europa ist ungefähr so groß wie der Erdmond, doch in Bezug auf ihre Oberfläche könnten die beiden unterschiedlicher nicht sein: Wo unser Mond von Staub und Gestein bedeckt ist, findet sich auf Europa ein von einer Eisschicht bedeckter Ozean. Das 160 Kilometer tief reichende Salzwasserreservoir könnte, so glauben Astrobiologen, durchaus geeignete Bedingungen für extraterrestrisches Leben bieten. Unklar war bisher allerdings, ob und wie Sauerstoff, ein wichtiger Grundstoff für die Erzeugung chemischer Energie, in die Tiefen des Europameeres gelangen kann.

Strahlung setzt Sauerstoff frei

Daten von Raumsonden hatten bereits gezeigt, dass Strahlung vom Gasriesen Jupiter Wassermoleküle im Eis an der Oberfläche Europas aufspalten kann und so Sauerstoff und Wasserstoff freisetzt. Doch wie gelangt dieser freie Sauerstoff in ausreichender Menge unter die Eisfläche? Einer Theorie nach könnten Meteoriteneinschläge das Eis aufbrechen und einige der reaktiven Moleküle in die Tiefe reißen, die Sauerstoffmenge jedoch würde durch diesen Mechanismus allenfalls reichen, um eine sauerstoffreiche Zone bis zu zehn Metern Tiefe zu erzeugen.

Gezeitenwirkung wälzt Eiskruste um

Jetzt aber deutet eine neue Studie von Forschern des Lunar and Planetary Laboratory der Universität von Arizona in Tucson noch einen anderen Mechanismus dafür an. Der Schlüssel dafür sind Bewegungen der Eiskruste, ausgelöst durch die wechselnde Schwerkrafteinwirkung des Planeten Jupiter, wie der Planetenforscher Richard Greenberg erklärt. Die Gezeitenkräfte, die der Gasriese auf seinen Mond ausübt, sind rund tausend Mal stärker als die auf der Erde durch den Erdmond messbaren. Diese gewaltigen Kräfte könnten dafür sorgen, dass die Eisschicht Europas immer wieder aufreißt, frischgefrorenes Eis an die Oberfläche gelangt und andere Teile der Oberflächenschicht in die Tiefe gedrückt werden.

Strahlung und Durchmischung könnten für Sauerstoff im Ozean sorgen. © NASA/JPL

Durchmischung nach ein bis zwei Milliarden Jahren

Nach rund einer bis zwei Milliarden Jahren solcher Bestrahlung und Umwälzung könnte freier Sauerstoff über die gesamte Dicke der Eiskruste untergemischt worden sein. Dass bis heute solche Umwälzungsprozesse stattfinden, ist gut erkennbar an den zahlreichen frischen Wülsten und Nähten, die Europas Oberfläche überziehen. Die sauerstofffreie „Anlaufzeit“ von einem bis zwei Milliarden Jahren könnte genau die Zeit sein, die auch auf der Erde nötig waren, um zunächst in Abwesenheit des hoch reaktiven Moleküls Lebensbausteine entstehen zu lassen. Erst als schon die ersten Einzeller existierten, änderten sich auch auf der Erde die Bedingungen und ein steigender Sauerstoffgehalt der Atmosphäre schuf die Voraussetzungen auch für die Bildung höherer Lebensformen.

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Genügend Sauerstoff auch für große Lebensformen

Auf der Unterseite der Eiskruste auf Europa, an der Grenzschicht zwischen Wasser und Eis, findet unterdessen ein ständiger Wechsel von Auftauen und Gefrieren statt, ähnlich dem an der Unterseite von Eisschollen in unseren irdischen Ozeanen. Nach Schätzungen von Greenberg könnte dieser Austausch schon innerhalb einer halben Million Jahren genügend Sauerstoff im Ozeanwasser gelöst haben, um einen Minimalwert der Sauerstoffsättigung zu erreichen. Auf der Erde würde dieser Wert ausreichen, um bereits kleine Krebstiere am Leben zu erhalten. Nach nur zwölf Millionen Jahren könnte die Sauerstoffsättigung das Niveau unserer Erdmeere erreicht haben und damit auch für die größten aeroben Lebensformen genügen. „Ich war überrascht, wie viel Sauerstoff dort hinunter gelangen kann“, erklärt Greenberg.

Spektroskopische Messungen könnten Theorie bestätigen

Ob dieser bisher nur theoretisch postulierte Mechanismus tatsächlich für Sauerstoffreichtum in Europas Ozean sorgt, könnten Messungen auch von der Erde aus enthüllen: „Spektroskopie durch erdgebundene Teleskope oder Observatorien im Orbit kann uns verraten, welche Substanzen in das Eis der Oberfläche gemischt sind“, so Greenberg. Finden sich in den Spektralsignaturen Hinweise auf freien Sauerstoff könnte dies seine Theorie belegen.

(NASA/JPL, 28.05.2010 – NPO)

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