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Genetik

Fliegen: Blaues Licht duftet nach Banane

Genmanipulation lässt Fliegenlarven Licht riechen

Durch eine Genmanipulation nehmen Fruchtfliegenlarven blaues Licht als leckeren Duft nach Banane oder Marzipan wahr. Denn ihre Riechzellen wurden so verändert, dass sie nun ein lichtempfindliches Protein produzieren. Diese von Bochumer und Göttinger Forschern entwickelte Technik soll Einblicke in die Verschaltung und die Funktionsweise des Gehirns liefern.

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Normalerweise meiden Larven der Fliegenart Drosophila melanogaster das Licht. Sie wachsen in abgestorbenen Pflanzenresten oder gärendem, fauligem Obst auf und suchen das Licht erst nach dem Schlupf aus der Puppe. Ganz anders jedoch die Fruchtfliegenlarven in einem Labor an der Ruhr-Universität Bochum. Sie scheinen sich besonders von blauem Licht geradezu magisch angezogen zu fühlen. Aber warum? Ursache ist eine genetische Manipulation, die den Larven bei Lichteinfall angenehme Düfte vorgaukelt.

Riechzellen manipuliert

Den Bochumer Wissenschaftlern um Professor Klemens Störtkuhl ist es gemeinsam mit Kollegen aus Göttingen gelungen, Taufliegen-Larven genetisch so zu verändern, dass sie blaues Licht riechen können. Dafür veränderten die Forscher einzelne der 28 Riech-Nervenzellen der Larven so, dass diese bei Lichtwahrnehmung aktiv werden. Für die Tiere, die Licht normalerweise meiden, riecht blaues Licht dann nach Banane, Marzipan oder Klebstoff – alles Duftstoffe, die in verfaulendem Obst verkommen und für Fliegenlarven attraktiv sind. Blaulicht finden sie dann entsprechend anziehend.

Durch die Genmanipulation sind die Riech-Nervenzellen der nur einen Millimeter kleinen Fliegenlarven sind in der Lage, ein Protein herzustellen, das durch Licht aktiviert wird. Welche der 28 Zellen schließlich lichtempfindlich wird, können die Forscher mit Hilfe von genetischen Markern frei wählen. „Wir konnten sowohl Zellen aktivieren, die normalerweise abstoßende Düfte wahrnehmen, was eine Schreckreaktion bei den Tieren auslöst, als auch solche, die attraktive Düfte wahrnehmen, wie Banane, Marzipan oder Klebstoff“, erklärt Störtkuhl.

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Die solcherart aktivierten Nervenzellen senden bei Bestrahlung mit blauem Licht der Wellenlänge 480 Nanometer ein elektrisches Signal. Die Larve hat so den Eindruck, Düfte wahrzunehmen. Das Experiment zeigt, dass sich Larven, bei denen Nerven-Zellen, die für attraktive Duftstoffe zuständig sind, lichtempfindlich gemacht wurden, auf das Licht zu bewegen, während genetisch unveränderte Larven Licht generell meiden. Der Geruchssinn funktioniert bei den genetisch veränderten Fliegenlarven übrigens normal.

Tiere werden nicht verletzt

Die Forscher können den Effekt außerdem elektrophysiologisch messen. Dünne Elektroden detektieren das Signal der Licht-aktivierten Nervenzellen. So lässt sich die Verarbeitung des Nervensignals bis ins Gehirn weiterverfolgen und somit lassen sich neuronale Netze nicht- invasiv beobachten. „Der große Vorteil dieser Technik besteht darin, dass wir am lebenden Tier Tests durchführen können, ohne es zu verletzen“, so Störtkuhl. Die Forscher versprechen sich mit dieser neuen Technik weitere

Einblicke in die Verschaltung und die Funktionsweise des Gehirns. Sie berichten in der Internationalen Zeitschrift Frontiers in Neuroscience Behavior.

Gleiches Prinzip auch bei anderen Tieren

In weiteren Studien wollen die Forscher nach demselben Prinzip auch erwachsene Taufliegen mit den photoaktivierbaren Proteinen ausstatten, um in ihrem Gehirn einzelne Nervenzellen gezielt anregen zu können. Die hier erfolgreich eingesetzte Methode werden nun auch in anderen Laboren unter anderem bei Mäusen etabliert werden, um ähnliche Fragestellungen beantworten zu können.

(Ruhr-Universität Bochum, 25.05.2010 – NPO)

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