Bioinformatiker haben eine Computermethode entwickelt, die eine genauere HIV-Diagnose und damit eine verbesserte Therapie ermöglichen könnte. Das Programm erkennt, welche HIV-Variante der Patient im Körper hat und an welche Rezeptoren das Virus bevorzugt bindet. Damit kann in der Behandlung gezielt diese Andockstrategie durch Medikamente blockiert werden.
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Der HIV-Erreger gilt als besonders tückisch, weil er viele außergewöhnliche Eigenschaften besitzt und es versteht, der Kontrolle des menschlichen Immunsystems zu entkommen. Bis heute gibt es keine Therapie, um das Aids-Virus auszumerzen. In der Behandlung von Aidspatienten gibt es jedoch seit einiger Zeit Medikamente, die das Anheften des HI-Virus an Wirtsrezeptoren blockieren. Ein vielversprechender Ansatz: Denn es ist bekannt, dass der Erreger, um in die Wirtszelle zu gelangen, sich an bestimmte Rezeptoren und Korezeptoren bindet. Welche das sind, hängt davon ab, ob der Patient die HIV-Variante „R5“ oder „X4“ im Körper hat.
Das Problem: Die Medikamente sind nur für eine Variante wirksam, man müsste diese also zuvor kennen. Bislang war es jedoch langwierig und aufwändig herauszufinden, mit welchem Virus-Typ ein Betroffener infiziert ist. Bioinformatikern am Zentrum für Medizinische Biotechnologie der Universität Duisburg-Essen (UDE) unter der Leitung von Professor Daniel Hoffmann ist es nun gelungen, ein automatisiertes zweistufiges Computerverfahren zu entwickeln, das diese Identifizierung erleichtert.
Genauigkeit von 95 Prozent
Das Rechenverfahren verarbeitet dabei Sequenz- und Strukturdaten vor allem des so genannten Glykoproteins gp120, dessen dritte Schleife für den Anheftungsprozess verantwortlich ist. „Was die Vorhersage der R5- oder X4-Korezeptorbindung angeht, erreichen wir mit der zweistufigen Methode eine Genauigkeit von über 95 Prozent.“, erklärt Dominik Heider, der das Computerprogramm mit seinem Kollegen Nikolaj Dybowski maßgeblich erarbeitet hat. Damit ist die Methode ungefähr so genau wie die sehr viel aufwändigeren experimentellen Verfahren.
„Mit Hilfe unserer Erkenntnisse könnten nun schnelle genetische Tests entwickelt werden, die eine zuverlässige und kostengünstige Aussage über die vorhanden Virusvarianten eines Patienten ermöglichen“, so Dybowski. „Somit könnten die Ärzte besser als bisher eine passgenaue Medikation für jeden einzelnen HIV-Patienten verordnen.“
(Universität Duisburg-Essen, 26.04.2010 – NPO)