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Medizin

Sauer macht dick

Milchsäure hat Hormon-ähnliche Wirkung auf den Stoffwechsel

Die Fluoreszenzmikroskopie-Aufnahme zeigt einen Gewebsschnitt durch Fettgewebe. Die GPR81-Rezeptormoleküle sind rot, die Zellkerne der Fettzellen sind blau gefärbt. © Max-Planck-Gesellschaft

Milchsäure ist bislang vor allem als Energieträger im Stoffwechsel bekannt. Jetzt haben Wissenschaftler entdeckt, dass es auch als Botenstoff wirken kann. Bei Überernährung spielt es die Rolle eines Dickmachers. Jetzt untersuchen die Forscher, wie sich durch ihre Ergebnisse Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes oder Fettleibigkeit besser behandeln lassen.

Bei Sportlern ist Laktat, auch bekannt als Milchsäure, wegen des Leistungsabfalls bei der Übersäuerung der Muskulatur gefürchtet. Der Laktatspiegel steigt aber nicht nur bei Sauerstoffmangel in der Muskulatur an. Laktat wird auch unter normalen Bedingungen in erheblichem Umfang im Körper gebildet und ist ein zentrales Zwischenprodukt des Energiestoffwechsels: Nach einer Mahlzeit sorgt Insulin dafür, dass Fettzellen vermehrt Glukose aufnehmen. Ein Teil dieser Glukose wird in Fette eingebaut und auf diese Weise als Energiespeicher angelegt. Ein Großteil der Glukose wird aber in den Fettzellen in Laktat umgewandelt und freigesetzt. In der Leber kann daraus dann erneut Glukose gebildet werden.

Rezeptor beeinflusst Fettabbau

Die Freisetzung von Laktat ins Fettgewebe setzt aber gleichzeitig einen Mechanismus in Gang, den Forscher um Stefan Offermanns, Direktor der Abteilung Pharmakologie des Max-Planck-Instituts für Herz- und Lungenforschung in Bad Nauheim nun entschlüsselt haben: Am Anfang ihrer Untersuchung stand die Entdeckung des Rezeptors GPR81. Dieses zur Gruppe der G-Protein-gekoppelten Rezeptoren gehörende Protein wird vornehmlich auf der Oberfläche von Fettzellen gebildet. Wird der Rezeptor durch Laktat aktiviert, hemmt er das Enzym Adenylylcyclase. Dadurch wird wiederum die Bildung des intrazellulären Botenstoffes cAMP vermindert, dem eine Schlüsselfunktion beim Fettabbau zugeschrieben wird. „Auf diese Weise hemmt eine Erhöhung des Laktatspiegels im Fettgewebe den Abbau von Fett“, erklärt Offermanns.

Unter normalen Umständen verhindert der Körper so, dass nach Mahlzeiten – wenn bereits genügend Glukose zur Energiegewinnung vorhanden ist – noch zusätzlich die Fettreserven mobilisiert werden. Dies trägt zu einer ausgeglichenen Energiebilanz bei. Nicht aber bei einer energiereichen Ernährung. Dann produzieren Fettzellen vermehrt Laktat, was den Fettabbau hemmt und zum Aufbau der Fettdepots beiträgt. Laktat greift damit als Botenstoff in den Fettstoffwechsel ein.

Mäuse ohne Laktat-Rezeptor bleiben dünner

Die wichtige Rolle des Laktats im Fettstoffwechsel demonstrierten die Forscher in Experimenten an Mäusen, denen der Rezeptor GPR81 fehlt. Diese so genannten Knockout-Mäuse nahmen mit einer kalorienreiche Ernährung weniger stark zu als normale Tiere . „Weil der Laktatrezeptor fehlt und somit der Fettabbau weniger stark gehemmt wird, konnten die Tiere unter diesen Bedingungen in der Summe nicht so viele neue Fettdepots anlegen“, erläutert Offermanns.

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Die Bad Nauheimer Wissenschaftler haben damit erstmals nachgewiesen, dass ein Zwischenprodukt des Stoffwechsels nicht nur eine Rolle als Energiespeicher besitzt, sondern den Stoffwechsel selbst in Hormon-ähnlicher Weise beeinflusst. „Wir vermuten, dass auch andere Stoffwechselprodukte diese Fähigkeit besitzen“, so Stefan Offermanns.

Als nächstes wollen die Max-Planck-Wissenschaftler untersuchen, wie der GPR81-Rezeptor zur Vorsorge oder Behandlung von Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes oder Fettleibigkeit genutzt werden könnte.

(Max-Planck-Gesellschaft, 07.04.2010 – NPO)

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