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Physik

LHC: Urknall-Experiment geglückt

Erste Protonenkollision mit sieben Teraelektronenvolt

Lange hat es gedauert und viele Rückschläge mussten in Kauf genommen werden. Doch das alles hat sich gelohnt: Gestern kollidierten im Ring des Large Hadron Collider am CERN erstmals Protonen mit einer niemals zuvor erreichten Energie. Der Zusammenstoß der beiden auf jeweils 3,5 Teraelektronenvolt (TeV) beschleunigten Teilchenstrahlen schuf für kurze Zeit Bedingungen wie billionstel Sekunden nach dem Urknall und markiert damit den Beginn einer neuen Ära für die Teilchenphysik.

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27 Kilometer lang ist die tief unter der schweizerisch-französischen Grenze liegende „Rennbahn“ für Protonen und Schwerionen, der Large Hadron Collider (LHC) am europäischen Teilchenphysikzentrum CERN. Seit seiner Eröffnung am 10. September 2008 musste die „Urknallmaschine“ gleich mehrfach Zwangspausen einlegen, immer wieder durchkreuzten technische Schwierigkeiten die ehrgeizigen Pläne der Teilchenphysiker. Doch in diesem Jahr ging es dann endlich voran:

Zwei Mal 3,5 Teraelektronenvolt

Bereits am 19. März schufen die Physiker am größten Teilchenbeschleuniger der Welt die Voraussetzungen für den großen „Knall“. Denn da war es ihnen erstmals gelungen, Protonenstrahlen auf die ungeheure Geschwindigkeit und damit Energie von 3,5 Teraelektronenvolt zu beschleunigen – ein zuvor nie erreichter Wert. Und gestern um 13:06 Uhr war es dann soweit: Die erste Kollision von Wasserstoffkernen bei dieser Geschwindigkeit war geschafft. Die Physiker vergleichen dieses Unterfangen angesichts der geringen Größe der Atomkerne gerne mit dem Versuch, zwei Stecknadeln aus vielen Kilometern Entfernung so aufeinander zu schießen, dass sie auf halbem Wege mit den Spitzen aufeinanderprallen.

Eine halbe Million Ereignisse

Drei Stunden lang blieben die kollidierenden Teilchenstrahlen stabil und erzeugten dabei mehr als eine halbe Million Kollisionsereignisse – wertvolles Futter für die Physiker in aller Welt und ein erster Einblick in die Geheimnisse der Materie und des Universums. „Das ist ein guter Tag für einen Teilchenphysiker“, erklärte CERN-Direktor Rolf Heuer. „Eine Menge Leute haben lange auf diesen Moment gewartet, aber ihre Geduld und ihr Einsatz beginnen sich jetzt auszuzahlen.“

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18 bis 24 Monate lang soll der LHC nun laufen, um ausreichend Daten für Experimente auf unterschiedlichen Bereichen der Teilchenphysik zu liefern. „Mit diesen Rekord brechenden Kollisionsenergien, stoßen die LHC-Experimente in eine gewaltige neue Region vor, zur Jagd nach Dunkler Materie, neuen Kräften, neuen Dimensionen und dem Higgs-Boson“, so Fabiola Gianotti, Sprecherin der Forscher am ATLAS-Detektor.

Suche nach dem „Geisterteilchen”

Erstes Ziel ist es, die bekannten Teilchen des Standardmodells der Physik zu erzeugen, um dann auf dieser Basis die systematische Suche nach dem „Geisterteilchen“, dem bisher nur theoretisch postulierten Higgs-Boson, zu starten. Sollte das Higgs-Boson eine Masse im Bereich von 160 Gigaelektronenvolt besitzen, besteht eine gute Chance, es bereits in dieser ersten Versuchsphase des LHC zu entdecken. Sollte es sehr viel schwerer oder leichter sein, könnte es noch länger dauern.

„Bald werden wir einige der großen Rätsel der modernen Physik in Angriff nehmen wie den Ursprung der Masse, die große Vereinheitlichung der Kräfte und die Präsenz der Dunklen Materie im Universum“, so Giodo Tonelli, Sprecher des CMS-Experiments am LHC. „Ich erwarte sehr aufregende Zeiten vor uns.“

(CERN, 31.03.2010 – NPO)

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