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Mikrobiologie

Mikroben-Gewimmel in der Nase

Wissenschaftler erforschen Bakteriengemeinschaften, um Infektionen zu verhindern

Elektronenmikroskopische Aufnahme von Staphylococcus aureus. © M. Rohde / Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung

Wissenschaftler haben die Bakteriengemeinschaften in der menschlichen Nase untersucht und sind dabei zu überraschenden Ergebnissen gekommen: Wie die Forscher in der Fachzeitschrift „International Society for Microbial Ecology“ schreiben, gibt es in unserem Riechorgan eine bisher unbekannte Mikroben-Vielfalt. Manche der Bakterien könnten vielleicht irgendwann sogar dazu genutzt werden, um gefährliche Infektionen mit dem Keim Staphylococcus aureus zu verhindern.

Der menschliche Körper ist besiedelt von Bakterien. Sie leben auf unserer Haut, in den Körperöffnungen und in unserem Darm. Dort hindern sie gefährliche Keime daran, sich einzunisten und schützen uns so vor Infektionen, oder sie helfen bei der Verdauung. Wenn das Immunsystem jedoch geschwächt ist, können auch solche eigentlich harmlosen Keime ein Problem werden und uns krank machen.

Einer dieser Keime ist Staphylococcus aureus. Bei fast einem Drittel aller Menschen lebt dieses Bakterium in der Nase, meist ohne Probleme. Breitet es sich jedoch aus, entstehen Hautinfektionen, Muskelerkrankungen oder gar lebensbedrohliche Lungenentzündungen oder Blutvergiftungen.

Bakterien-Interaktionen im Visier

„Es ist nur wenig darüber bekannt, wie komplex die Zusammensetzung von bakteriellen Gemeinschaften auf dem menschlichen Körper ist“, sagt Dietmar Pieper vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) in Braunschweig, der zusammen mit Medizinern des Universitätsklinikums Münster für die neue Studie verantwortlich war.

Um jedoch Infektionen wie beispielsweise mit S. aureus zu bekämpfen, sei es wichtig zu verstehen, wie die Bakterien miteinander interagieren und sich gegenseitig beeinflussen.

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Um den bakteriellen Gemeinschaften auf den Grund zu gehen, analysierten die Forscher deshalb Abstriche aus Nasen von 40 zufällig ausgewählten Personen. Die Forscher interessierte vor allem, welche Bakterien in deren Nase leben. Um dies herauszufinden, nutzten sie besondere, so genannte kultivierungsunabhängige Methoden: Sie erlauben nicht nur die genaue Untersuchung einer großen Probenmenge, sondern auch von Bakterien, die sich im Labor nur schlecht oder überhaupt nicht züchten lassen.

Dazu analysierten sie ein Gen, das in allen Organismen vorkommt, dort nahezu identisch aufgebaut ist und die gleiche Funktion besitzt. Bestimmte Abschnitte in diesem Gen unterscheiden sich jedoch von Art zu Art. Mithilfe dieser variablen Bereiche konnten die Forscher bestimmen, um welche Bakterien es sich handelte.

Forscherin untersucht Bakterien-Gemeinschaften. © H. Gramann / Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung

Viele neue Partner des Menschen identifiziert

Das Ergebnis überraschte die Forscher: von den vielen verschiedenen Bakterienarten, die in der Nase leben, kannten sie mehrere noch nicht als Partner des Menschen. Zudem fanden die Wissenschaftler viele Arten, die ganz ohne Sauerstoff leben. Anschließend analysierten die Forscher statistisch, wie sich die Bakterien gegenseitig beeinflussten. Dabei erkannten sie Muster, welche Bakterienarten häufig zusammen auftreten und welche Keime sich ausschließen.

„Wenn wir Bakterien der Gattung Finegoldia in der Nase nachweisen konnten, fanden wir keine S. aureus-Bakterien“, sagt Pieper. Warum dies so ist, wissen die Forscher bisher noch nicht. „Das bedeutet natürlich nicht, dass zum Entfernen von S. aureus Finegoldia-Bakterien inhaliert werden sollen, da auch diese Infektionen hervorrufen können.“

Die Ergebnisse seien vielmehr sehr wichtig, um zu verstehen, wie Bakterien den menschlichen Körper als Lebensraum besiedeln und sich gegenseitig beeinflussen. Daraus wollen sie in Zukunft Strategien zur Bekämpfung von S. aureus-Infektionen entwickeln.

(idw – Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung, 24.03.2010 – DLO)

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