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Astronomie

Ur-Quasare aus der kosmischen Frühzeit entdeckt

Erster Nachweis von Vorläufern heutiger aktiver Galaxienkerne im frühen Universum

Quasar (Illustration) © NASA

Bisher gab es sie nur in den Modellen der Astronomen: Urtümliche Schwarze Löcher in den Zentren aktiver Galaxien, die bereits im jungen Universum existierten. Jetzt haben Forscher gleich zwei solcher urzeitlicher Schwerkraftmonster in Form von hell leuchtenden Quasaren aufgespürt. Wie sie in „Nature“ berichten, stammt ihr Licht aus einer Zeit, in der das All gerade einmal eine Milliarde Jahre alt war.

Als Quasar bezeichnen die Astronomen die Zentralregion einer Galaxie, in der ein aktives Schwarzes Loch sitzt. Dieses ist von einer hell leuchtenden Scheibe aus Gas und Staub umgeben. Die Materie läuft auf Spiralbahnen auf das Schwarze Loch zu, und bevor sie darin verschwindet, sendet sie Strahlung aus. Daher gehören diese Akkretionsscheiben zu den hellsten Objekten im gesamten Universum. Quasare leuchten so kräftig, dass es noch auf größte Entfernung möglich ist, Informationen über ihre physikalischen Eigenschaften zu gewinnen.

Suche nach „Ur-Quasaren“

Das Licht der entferntesten bekannten Quasare benötigt rund 13 Milliarden Jahre, um uns zu erreichen. Der Blick auf diese Objekte führt uns daher 13 Milliarden Jahre in die Vergangenheit zurück. Aus diesem Grund hoffen Wissenschaftler, in dieser Epoche so kurz nach dem Urknall vergleichsweise primitive Vorläufer der modernen Quasare zu entdecken, die gerade erst im Entstehen begriffen sind. Tatsächlich aber haben Beobachtungen aus dem Jahr 2003 gezeigt, dass die entferntesten Quasare sich nicht wesentlich von ihren heutigen, der Erde näher stehenden Gegenstücken zu unterscheiden scheinen.

Jetzt aber haben Astronomen eines Teams um Linhua Jiang von der Universität Arizona, zu dem auch Forscher des Max-Planck-Instituts für Astronomie in Heidelberg und des Max-Planck-Instituts für extraterrestrische Physik in Garching gehören, erstmals Objekte beobachtet, bei denen es sich tatsächlich um eine frühe, primitive Vorform moderner Quasare zu handeln scheint. Das Team nutzte das Weltraumteleskop Spitzer der NASA, das Infrarotlicht auffängt. Mit Beobachtungen in diesem Spektralbereich lässt sich die charakteristische Strahlung von heißem Staub identifizieren – und solcher Staub ist typischer Bestandteil moderner Quasare.

Vergleich der Infrarotspektren zweier entfernter Quasare. Die eingezeichneten Kurven geben die Vorhersagen der Modelle für die Fälle wieder, dass Staub vorhanden oder nicht vorhanden ist. Im linken Bild das Spektrum des Quasars J1250+3130. Der orangefarbene Teil der Kurve zeigt den charakteristischen Buckel für heißen Staub. Im rechten Bild das Spektrum von J0005-0006; der Buckel fehlt, die Kurve verläuft gerade weiter - ein Hinweis darauf, dass dieser Quasar so gut wie staubfrei ist. © MPIA / Fabian Walter

Fehlender Staub verrät primitive Quasare

Die hell leuchtende Akkretionsscheibe der Quasare ist etwa so groß wie unser Sonnensystem. Um sie herum existiert ein riesiger Staubtorus, der rund tausendmal so groß ist wie die Materiescheibe. Bei zweien der 20 beobachteten aktiven Galaxienkerne fehlten jedoch die Anzeichen für diesen heißen Staub. Nach Ansicht der Forscher musste es sich demnach um frühe primitive Exemplare handeln, denn im jungen Weltall gab es noch keinen Staub. Die ersten Quasare müssen daher zwar sehr heiß und hell gewesen sein, enthielten aber keine Staubpartikel: Feuer ohne Rauch.

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Die Existenz solcher staubfreien Quasare war seit Längerem vermutet worden, beobachtet hat man sie aber noch nie. Um sicher zu gehen, untersuchten die Astronomen alle verfügbaren Daten zu den fernen Quasaren und verglichen sie mit den Messergebnissen für modernere aktive Galaxienkerne. Wie sich herausstellte, war keiner der anderen Quasare – insbesondere keiner der moderneren Quasare – auch nur annähernd so staubfrei wie die zwei als primitiv eingestuften Exemplare.

Schwarzes Loch produziert Staub

Zusätzlich fanden die Astronomen bei den entferntesten Quasaren einen Zusammenhang zwischen der Masse des Schwarzen Lochs und dem Staubgehalt: Je mehr Masse das zentrale Schwarze Loch besitzt, umso mehr Staub enthält der Quasar. Das deutet auf einen Entwicklungsprozess hin, bei dem das zentrale Schwarze Loch rasch wächst, indem es sich Materie einverleibt, während gleichzeitig mehr und mehr heißer Staub produziert wird.

„Alles deutet darauf hin, dass wir mit unseren Beobachtungen tatsächlich einen ersten Einblick in die Entwicklungsgeschichte der frühen Quasare gewonnen haben, und dass sich in den zwei staubfreien Quasaren die urtümlichsten Schwarzen Löcher verbergen, die wir kennen“, erklärt Fabian Walter vom Max-Planck-Institut für Astronomie und Koautor des Beitrags in Nature. Die Beobachtungen zeigten Quasare in einem frühen Evolutionsstadium, die zu jung seien, als dass sich um sie herum bereits nachweisbare Mengen von Staub gebildet hätten.

(Max-Planck-Gesellschaft, 18.03.2010 – NPO)

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