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Materialforschung

„Tinte“ mit zwei Gesichtern

Materialwissenschaftler entdecken universelles selbstorganisierendes Molekül

Jenaer Materialwissenschaftler haben ein universelles selbstorganisierendes Molekül entdeckt: Eine „Tinte“ mit zwei Gesichtern. Sie berichten über ihre Ergebnisse in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift „SMALL“.

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In der Natur wird sie seit Milliarden von Jahren genutzt: die so genannte Selbstorganisation. Einzelne zufällig angeordnete Moleküle organisieren sich wie von selbst zu einer geordneten Struktur. Die Ordnung in natürlichen Eiweißen, Zellmembranstrukturen oder, wie einige Forscher meinen, der Ursprung des Lebens selbst, basieren auf dieser Selbstorganisation von Molekülen. Die treibende Kraft für diese Selbstorganisation ist physikalischer Natur: die so genannten Van-der-Waals-Kräfte zwingen die Moleküle, sich zu ordnen.

SAM- Moleküle als „Tinte“

Materialwissenschaftler nutzen solche „Selbstassemblierungs-Effekte“ seit Jahren, beispielsweise um die Eigenschaften von Materialoberflächen gezielt einzustellen. So entstehen mittels selbstorganisierender Monoschichten (SAM), die nur eine Molekülschicht dick sind, wasser- oder schmutzabweisende Materialien – je nachdem, wie die Schwanzgruppe der SAM-Moleküle aufgebaut ist. Letzteres wird als Funktionalität des SAMs bezeichnet. Mit ihrem anderen Ende – der Kopfgruppe – haften SAM-Moleküle fest an der Materialoberfläche.

Mittels spezieller Drucktechniken, wie der Mirkostempeltechnik, lassen sich mit den SAMs auch komplex strukturierte Materialoberflächen herstellen. Die SAM-Moleküle dienen dann als eine Art Tinte, mit der auf die Materialoberfläche Mikro-Muster gedruckt werden, um bestimmte Materialeigenschaften zu erreichen.

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Nur eine bestimmte Funktionalität möglich

Der Nachteil von SAM-Molekülen ist, dass sie mit ihrer Kopfgruppe meist nur an einem Material, zum Beispiel Gold, haften können und die Schwanzgruppen nur eine bestimmte Funktionalität erlauben. Wenn man eine SAM-Schicht auf einem anderen Material erzeugen möchte oder eine andere Funktionalität braucht, müssen neue SAM-Moleküle hergestellt werden. Da das aufwändig und teuer ist, träumen Materialwissenschaftler seit langem von einem universellen SAM-Molekül, das auf allen Materialoberflächen haftet und dessen Funktionalität sich beliebig einstellen lässt.

Universelles SAM-Molekül

Forschern der Universität Jena ist es in Zusammenarbeit mit Kollegen vom Max-Planck-Institut für Chemische Ökologie in Jena nun gelungen, diesem Ziel einen großen Schritt näher zu kommen. Rahila Bhat, Professor Klaus Jandt und Mitarbeiter des Instituts für Materialwissenschaft und Werkstofftechnologie (IMT) der Universität Jena verwendeten dazu das Molekül N-(3-diethylphosphatoxy) propyl-11-mercaptoundecanamide (PPMA) zum ersten Mal als „Tinte“ in mikrogestempelten SAMs.

Janus-SAMs

Die zwei verschiedenen Enden des PPMA-Moleküls wurden geschickt als zwei verschiedene Kopfgruppen verwandt, um auf einem Metall (Gold) oder einer Keramik (Titandioxid) SAMs zu bilden. Werden diese SAMs dann mit Enzymen behandelt, lassen sich unkompliziert verschiedene Funktionalitäten der SAMs erzeugen, wie Bhat und Jandt zeigen konnten.

Nach dem römischen Gott mit den zwei Gesichtern, Janus, nennen die Jenaer Materialforscher ihre innovative Materialtechnologie den Janus-SAM (JSAM). „Wegen der Vielseitigkeit der Janus-SAMs wird dieser innovative Ansatz voraussichtlich erhebliche Auswirkungen darauf haben, wie SAMs in Zukunft für Forschung und Anwendung hergestellt werden“, sagt Jandt. Kein Wunder also, dass die Jenaer Materialforscher ein Patent für diese neue Technologie beantragt haben und auf großes Interesse von Forschungseinrichtungen und Industrie hoffen.

(idw – Universität Jena, 24.02.2010 – DLO)

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