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Astronomie

Erste Ur-Sterne außerhalb der Milchstraße aufgespürt

Lange Suche nach extrem metallarmen Sternen in benachbarten Zwerggalaxien endlich erfolgreich

Nach Jahren der Suche haben Astronomen jetzt in benachbarten Zwerggalaxien eine besondere Sorte urtümlicher, extrem metallarmer Sterne aufgespürt. Sie stammen aus der Frühzeit des Universums und sind bisher außerhalb der Milchstraße nur vermutet worden. Dank einer neuen Methode können nun solche Sterne zukünftig besser gefunden und untersucht werden.

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Die ältesten Sterne des Universums bildeten sich direkt aus Materie, die schon kurz nach dem Urknall entstand, vor rund 13,7 Milliarden Jahren. Typischerweise enthalten sie im Vergleich zu Sonne über tausend Mal weniger chemische Elemente, die schwerer sind als Wasserstoff oder Helium. Solche Sterne werden daher auch als „extrem metallarm“ bezeichnet. Sie gehören zu einer der ersten Sterngenerationen in unserer kosmischen Nachbarschaft, sind äußerst selten, und wurden bislang hauptsächlich innerhalb unserer Heimatgalaxie, der Milchstraße, beobachtet.

Vergebliche Suche in Zwerggalaxien

Den gängigen Modellen nach entstehen größere Galaxien wie unsere Milchstraße durch Verschmelzung kleinerer Galaxien. Die zuvor in Zwerggalaxien gelegenen „primitiven“, extrem metallarmen Sterne gehen dabei in die große Galaxie ein oder bleiben in Zwergalaxien erhalten. Doch für letzteres gab es bisher keine Belege. „Bislang waren die Hinweise auf die Existenz solcher Sterne sehr spärlich“, erklärt Giuseppina Battaglia von der Europäischen Südsternwarte ESO. „Große Durchmusterungen, die in den letzten paar Jahren durchgeführt wurden, zeigten deutliche Abweichungen zwischen den ältesten Sternpopulationen in der Milchstraße und in den Zwerggalaxien. Das war nach den gängigen Modellen nicht zu erwarten.“

Nur „verschmierte“ Fingerabdrücke

Bereits vor einiger Zeit hat ein Forscherteam systematisch nach solchen Sternen außerhalb der Milchstraße gesucht. Das „Dwarf galaxies Abundances and Radial-velocities“ (DART)-Team nutzte für ihre Studie das Instrument FLAMES am Very Large Telescope der ESO, um die Spektren von mehr als 2.000 Riesensternen in vier unserer Nachbargalaxien zu bestimmen. Die Galaxien Fornax, Sculptor, Sextans und Carina sind im Mittel 300.000 Lichtjahre von unserer Erde entfernt – rund das Dreifache des Durchmessers unserer Milchstraße. Auf den ersten Blick waren die gewonnenen Daten allerdings enttäuschend: Aufgrund der großen Entfernung ließen sich nur die groben Eigenschaften jedes Spektrums aufnehmen, entsprechend einem undeutlichen, verschmierten Fingerabdruck. Keiner dieser vielen Fingerabdrücke schien zu einem der seltenen extrem metallarmen Sterne zu gehören.

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Erneute Analyse enthüllt versteckte Sterne

Doch nun hat eine internationale Gruppe von Astronomen um Else Starkenburg, Astronomin an der Universität von Groningen, die Daten erneut analysiert. Die Wissenschaftler verglichen die gemessenen Spektren mit Computersimulationen und stellten fest, dass die chemischen Fingerabdrücke normaler metallarmer Sterne und extrem metallarmer Sterne sich weniger deutlich unterscheiden als angenommen – deshalb hatte man sie zuvor nicht erkannt.

Mit dem UVES-Instrument am Very Large Telscope in Chile nahmen die Astromen nun einige der „Kandidaten“ erneut unter die Lupe und konnten sehr viel genauere Spektren gewinnen. „Verglichen mit den undeutlichen Fingerabdrücken, die uns bis dahin zur Verfügung standen, war es nun, als würden wir klar definierte Fingerabdrücke durch ein Mikroskop betrachten“, erklärt Vanessa Hill vom Observatoire de la Côte d’Azur in Frankreich. „Unglücklicherweise konnten wir so nur vergleichsweise wenige Sterne beobachten, da das Verfahren sehr zeitaufwändig ist.“

Materie im Urzustand

Die neuen Spektraldaten bestätigen zudem, dass sich die Materie einiger der extrem metallarmen Sterne tatäschlich so gut wie im Urzustand befindet. „Unter den extrem metallarmen Sternen, die wir in diesen Zwerggalaxien neu entdeckt haben, gibt es drei, bei denen die relative Häufigkeit der schwereren chemischen Elemente zwischen nur 1/10.000 und 1/3.000 dessen liegt, was wir bei unserer Sonne beobachten. Einer dieser Sterne ist der urtümlichste Stern, den wir außerhalb unserer Milchstraße kennen“, erklärt Martin Tafelmeyer von der Universität Genf.

Mit ihrer Arbeit haben die Astronomen nicht nur einige der hochinteressanten frühesten Sterne in diesen Galaxien ausfindig gemacht, sie haben auch eine neue, höchst effektive Methode entwickelt, um weitere derartige Sterne zu finden. „Von nun an können sich solche Sterne nicht mehr vor uns verstecken“, so Starkenburg.

(ESO, 18.02.2010 – NPO)

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